Kurzarbeit

Vorübergehend weniger Arbeitszeit und Kurzarbeitergeld

Marc-Oliver Schulze
Marc-Oliver Schulze
Fachanwalt für Arbeitsrecht und Datenschutzexperte

Das Wichtigste zu Kurzarbeit in Kürze

  • Grundsätzlich: Mit der Kurzarbeit haben Arbeitgeber die Möglichkeit eine
  • wirtschaftliche schwierige Zeit zu überbrücken, ohne Personal zu kürzen. Die Einführung von Kurzarbeit erfolgt meist in Krisenzeit auf dem
  • Arbeitsmarkt. Kurzarbeitergeld ist eine Leistung der Arbeitslosenversicherung, die nur für versicherungspflichtig Beschäftige in Anspruch genommen werden kann und dient in erster Linie der Sicherung ansonsten gefährdeter Arbeitsplätze. Dieses wird während der Kurzarbeitszeit ausbezahlt.
  • Wichtig: Die Einführung von Kurzarbeit setzt eine konkrete Vereinbarung voraus. Im Falle einer unwirksamen Vereinbarung besteht Anspruch auf das volle Gehalt, wenn man seine Arbeitsleistung konkret anbietet.
  • Tipp: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie der Corona-Pandemie versuchen Arbeitgeber oftmals durch Änderungsverträge oder Änderungskündigungen Kurzarbeit einzuführen. Hier lohnt es sich genau hinzuschauen und den Rat eines auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalts zu suchen, bevor man etwas unterschreibt oder akzeptiert.
kurzarbeit

Was ist Kurzarbeit? 

Unter Kurzarbeit versteht man die vorrübergehende Verringerung der betriebsüblichen Arbeitszeit aufgrund eines erheblichen Arbeitsausfalls. Wenn keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht, der Betrieb auf null heruntergefahren wird, spricht man von „Kurzarbeit null“. 

Die durch die Kürzung der Arbeitszeit eintretenden Nachteile werden teilweise durch das sogenannte „Kurzarbeitergeld“ (KuG) abgefedert. Dadurch soll es Arbeitgebern in schwierigen Zeiten ermöglicht werden, die Arbeitsplätze eingearbeiteter Arbeitnehmer zu erhalten und diesen den dadurch entstehenden Lohnausfall angemessen zu ersetzen. Zum einen werden dadurch Arbeitsplätze gesichert, zum anderen soll damit auch erreicht werden, dass die Unternehmen schneller wieder starten können, wenn die schwierige Zeit
beendet ist und sie nicht erneut Personal suchen müssen.

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Aus welchen Gründen kann Kurzarbeit angeordnet werden?

Grund für die Einführung von Kurzarbeit kann ein Arbeitsausfall aufgrund wirtschaftlicher Krisen wie etwa Auftragsmangel oder ein Mangel an Rohstoffen sein. Aber auch Beeinträchtigungen infolge unabwendbarer Ereignisse wie etwa außergewöhnlicher Witterungsverhältnisse (z.B. Hochwasser, Sturm, o.ä.) oder andere Ereignisse wie die Ausbreitung einer Krankheit mit entsprechenden Folgen wie etwa bei der Corona-Pandemie können die Einführung von Kurzarbeit notwendig machen. Dabei muss im jeweiligen Kalendermonat mindestens ein Drittel der Beschäftigten von dem Arbeitsausfall betroffen sein, sog. „Schwellenwert“, § 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III. Kurzarbeit ist jedoch nicht zu bejahen wenn der Arbeitsausfall branchenüblich bzw. saisonbedingt ist oder auf betriebsorganisatorischen Gründen beruht (z.B. späte Bestellung von Rohstoffen).

Kann der Arbeitgeber einseitig Kurzarbeit anordnen?

Nein. Arbeitnehmer haben grundsätzlich Anspruch auf Beschäftigung im Umfang der vereinbarten Bedingungen. Die Einführung von Kurzarbeit bedarf immer einer besonderen Rechtsgrundlage.

Im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung können bereits Regelungen zur Kurzarbeit enthalten sein, die vorgeben, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen kann. Eine vorsorgliche Klausel zur Kurzarbeit im Arbeitsvertrag muss jedoch die Voraussetzungen, Dauer und Umfang der Kurzarbeit enthalten, um wirksam zu sein. Auch sollte eine Ankündigungsfrist vorgesehen werden, damit sich die Arbeitnehmer auf die geänderten Umstände besser einstellen können.

Gibt es keine Regelung, dann müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine individuelle Vereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit abschließen. 

Die Einführung von Kurzarbeit hängt nicht von der Zustimmung des Arbeitnehmers ab. Allerdings kann eine Ablehnung zu einer (Änderungs-)Kündigung führen, wenn er sich die Kosten der Weiterbeschäftigung im bisherigen Umfang nicht leisten kann. Deren Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung kann nur binnen drei Wochen gerichtlich überprüft werden (Kündigungsschutzklage).

Wenn Kurzarbeit angeordnet wird, ohne dass es hierfür eine Rechtsgrundlage gibt, haben die Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung des Lohns für die volle Arbeitszeit. Dazu müssen sie gegenüber dem Arbeitgeber ihre ganze Arbeitskraft tatsächlich anbieten. Nimmt der Arbeitgeber dieses Angebot nicht an, gerät er in sog. „Annahmeverzug“ und muss den Arbeitnehmer das Gehalt bezahlen, ohne dass dieser die ausgefallene Arbeit nachleisten muss.

Wie setzt sich das Gehalt während der Kurzarbeit zusammen?

Durch die Anordnung von Kurzarbeit reduziert sich die Arbeitszeit. In gleichem Maße verringert sich auch das für die geleistete Arbeit zu zahlende Gehalt. Bei einer Verkürzung der Arbeitszeit auf beispielsweise 50 % werden auch nur noch 50 % des Gehalts ausgezahlt.  Jedoch werden nicht alle Entgeltbestandteile prozentual gekürzt. Zum Beispiel der geldwerte Vorteil für die private Nutzung eines Firmenwagens bleibt in voller Höhe bestehen, so lange der Firmenwagen weiterhin genutzt wird. 

Der in Folge der Kurzarbeit reduzierte Bruttolohn ist wie gewohnt steuer- und sozialversicherungspflichtig. Hinzu kommt das das sogenannte Kurzarbeitergeld

Außerdem kann der Arbeitgeber noch einen Zuschuss zum Kurzarbeitergeld zahlen, also das Kurzarbeitergeld „aufstocken“. Die Aufstockung ist allerdings freiwillig, solange der Arbeitgeber ist aufgrund eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung dazu verpflichtet ist.

Was ist Kurzarbeitergeld überhaupt?

Kurzarbeitergeld ist eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung. Damit sollen die durch die Kurzarbeit eintretenden Entgeltausfälle des Arbeitnehmers (teilweise) ausgeglichen werden. Das Ziel ist die Erhaltung von Arbeitsplätzen, die ohne entsprechende Ausgleichzahlungen wegfallen könnten.

Daneben gibt es in besonderen Fällen andere Formen des Kurzarbeitergelds und zwar das Saison-Kurzarbeitergeld und das Transferkurzarbeitergeld. 

Saison-Kurzarbeitergeld kann beantragt werden, wenn in Baubetrieben in der Schlechtwetterzeit (Dezember – März) witterungsbedingt oder aufgrund von Auftragsmangel nicht gearbeitet werden kann.

Transfer-Kurzarbeitergeld wird auf Antrag des Arbeitgebers gezahlt, um bei betrieblichen Umstrukturierungen Entlassungen zu vermeiden und die Vermittlung der betroffenen Arbeitnehmer in neue Arbeitsverhältnisse zu fördern.

Unter welchen Voraussetzungen kann Kurzarbeitergeld beantragt werden?

Der Arbeitgeber kann sich das Kurzarbeitergeld von der Bundesagentur für Arbeit erstatten lassen. Ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht nur, wenn 

  • ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,

Das ist der Fall, wenn der Arbeitsausfall

  • auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, 
  • nur vorübergehend ist, also in absehbarer Zeit wieder mit Vollbeschäftigung zu rechnen ist,
  • unvermeidbar ist, also nicht auf Organisationsfehlern oder saisonbetriebsbedingten Schwankungen beruht,
  • im jeweiligen Kalendermonat mindestens ein Drittel der Belegschaft (bis 31.12.2022: 10 Prozent) betrifft und ein Entgeltausfall von mehr als 10 Prozent eintritt.
  • die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,

Das ist der Fall, wenn im Betrieb des Arbeitgebers mindestens ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt wird.

  • die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und

Das ist der Fall, wenn das versicherungspflichtige Arbeitsverhältnis mit dem vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer fortgesetzt werden soll, d.h. weder gekündigt noch aufgehoben wurde. Und schließlich

  • der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.

Das ist der Fall, wenn die Anzeige der zuständigen Agentur für Arbeit zugegangen ist. Dies kann auch elektronisch erfolgen. Die Vordrucke sind im Internet www.arbeitsagentur.de eingestellt. 

Wie lange kann Kurzarbeitergeld bezogen werden?

Kurzarbeitergeld kann im Regelfall nur für 12 Monate gewährt werden. Die Bezugsdauer kann aber unterbrochen werden, wenn etwa vorübergehend aufgrund eines größeren Auftrags wieder mehr Arbeitsbedarf besteht. Wird im Anschluss daran wieder weniger gearbeitet, verlängert sich die Bezugsdauer um den Zeitraum der Unterbrechung. Wird die Kurzarbeit länger als drei Monate unterbrochen und muss der Arbeitgeber die Arbeitszeit erneut kürzen, besteht wieder der Anspruch auf 12 Monate Kurzarbeitergeld. Der Zeitraum kann durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Ausnahmefällen auf bis zu 24 Monate verlängert werden,. 

Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?

Das Kurzarbeitergeld berechnet sich nach dem Nettoentgeltausfall. Die Kurzarbeitenden erhalten grundsätzlich 60 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Lebt mindestens ein Kind mit im Haushalt beträgt das Kurzarbeitergeld 67 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Allerdings erfolgt bei der Berechnung des Kurzarbeitergelds eine Kappung auf Höhe der Beitragsbemessungsgrenze. 

Muss das Kurzarbeitergeld versteuert werden?

Das Kurzarbeitergeld ist steuerfrei, unterliegt allerdings dem steuerlichen Progressionsvorbehalt nach § 32b EstG. Folglich muss das Kurzarbeitergeld zwar nicht versteuert werden, es erhöht aber den jeweiligen persönlichen Steuersatz, mit dem das restliche Einkommen im Jahr versteuert werden muss.

Kurzarbeitergeld für Minijobber?

Kurzarbeitergeld ist eine Leistung der Arbeitslosenversicherung. Es kann daher nur für Arbeitnehmer beantragt werden, die auch versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung sind. Geringfügig Beschäftigte (450-Euro-Minijobber) sind aber in der Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei. Für Minijobber kann daher kein KUG beantragt werden.

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Kurzarbeit

Der Betriebsrat hat neben dem Unterrichtungsanspruch im Rahmen der Personalplanung nach § 92 BetrVG vor allem ein zwingendes Mitbestimmungsrecht bei der Einführung von Kurzarbeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG

Die Mitbestimmung des Betriebsrats erstreckt sich auch auf die Frage, ob und in welchem Umfang Kurzarbeit eingeführt werden soll und wie die geänderte Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage zu verteilen ist. Dies gilt auch bei besonderer Eilbedürftigkeit. Zeitdruck gibt dem Arbeitgeber daher kein Recht, den Betriebsrat zu umgehen. Vom Arbeitgeber ohne Beteiligung des Betriebsrats angeordnete Kurzarbeit ist unwirksam und verhindert eine Kürzung des Entgeltanspruchs.

Arbeitgeber sollten daher rechtzeitig an die Beteiligung des Betriebsrats denken, und frühzeitig in Verhandlungen treten. Einigen sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht über die Einführung oder die Gestaltung der Kurzarbeit, muss die Einigungsstelle angerufen werden, § 76 BetrVG. 

Es ist daher sinnvoll bereits im Vorfeld die grundsätzlichen Regelungen zur Kurzarbeit in einer Rahmenbetriebsvereinbarung zu regeln. Im jeweiligen Einzelfall müssen dann Arbeitgeber und Betriebsrat nur noch die in der jeweiligen Situation erforderlichen Einzelheiten in einer konkreten Betriebsvereinbarung festlegen, die sich an der Rahmenbetriebsvereinbarung orientiert. Das erleichtert und beschleunigt den Ablauf, da über viele Fragen dann schon Einigkeit erzielt wurde.

Damit die Anordnung von Kurzarbeit in einer Betriebsvereinbarung wirksam vereinbart werden kann, müssen mindestens folgende Punkte geregelt sein:

  • Beginn und Dauer der Kurzarbeit
  • Lage und Verteilung der Arbeitszeit
  • Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer bzw. der Abteilung
  • Ggf. Zeiträume, in denen die Arbeit vollständig ausfallen soll

Sollte die Betriebsvereinbarung diesen Anforderungen nicht genügen, ist sie unwirksam.

Corona und Kurzarbeit

Senkung des Schwellenwerts

Bis 31.12.2022 wird der Schwellenwert gesenkt, so dass nur noch 10% der Mitarbeiter vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen. Auch Leiharbeitnehmer*innen können befristet wieder Kurzarbeitergeld erhalten. Der Anspruch gilt drei Monate (vom 1.10.2022 bis 31.12.2022). Bis zum 30.06.2023 ist außerdem der anrechnungsfreie Hinzuverdienst bei Aufnahme eines Minijobs während der Kurzarbeit möglich.

Besteuerung des Aufstockungsbetrags

Während der Coronakrise wird das Gehalt welches vom Arbeitgeber aufgestockt wird, bleibt die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes bis zu einer Höhe von 80 Prozent des Gehalts steuerfrei und wird nicht, wie bisher, als steuerpflichtiger Arbeitslohn behandelt, § 3 Nr. 28a EstG.

Verlängerung der Bezugsdauer

Bis Juli 2022 galt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 30.06.2021 entstanden ist, eine Bezugsdauer auf bis zu 28 Monate, längstens bis zum 30.06.2022 verlängert. 

Erhöhung des Kurzarbeitergeldes

Bis 31.12.2022 erhöht sich das Kurzarbeitergeld bei einer Kurzarbeit > 50 % ab dem 4. und 7. Bezugsmonat auf 70 % bis 87 % des Nettoentgeltausfalls

Wichtig: Während des Bezugs von Kurzarbeitergeld, kann die Agentur für Arbeit andere zumutbare Beschäftigungsangebote unterbreiten. Die Höhe des Kurzarbeitergelds verringert sich dann entsprechend dem Verdienst aus einem solchen zumutbaren Arbeitsverhältnis.


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