Mobbing am Arbeitsplatz

Christian Heinzelmann
Christian Heinzelmann
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Bei Konflikten in der Arbeit fällt schnell das heiß diskutierte Wort Mobbing. Aber was genau ist eigentlich Mobbing bzw. noch wichtiger, wann kann ich gegen Mobbing rechtlich vorgehen? Die Unterscheidung zwischen einfach schlechtem Betriebsklima und rechtlich verfolgbarem Mobbing ist schwierig, weil die Übergänge fließend sind.

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Definition: Was genau ist Mobbing?

Es gibt verschiedene Definitionen des Begriffs „Mobbing“, welche allesamt den Einzelfällen nicht gerecht werden. Insbesondere gibt es in Deutschland kein „Mobbing“-Gesetz. Wogegen man aber auf jeden Fall rechtlich vorgehen kann, ist ein rechtswidriges Gesamtverhalten. Dieses rechtswidrige Gesamtverhalten muss über einen längeren Zeitraum bestehen (2-3 Wochen genügen hierfür nicht). Schlechtes, raues Betriebsklima oder Kritik, auch wenn diese überzogen ist, reicht noch nicht aus. Für eine Verurteilung muss der Arbeitnehmer beweisen können, dass er mit eindeutig schikanöser Tendenz behandelt wird und eine Kausalität zwischen seinen Leiden und dem Handeln anderer besteht.

Schätzungsweise sind in etwa der Hälfte der Mobbingfälle Vorgesetzte beteiligt.

Mobbing ist sowohl durch Vorgesetzte, gleichgestellte Arbeitnehmer, aber auch hierarchisch untergebene Arbeitnehmer möglich.

Die Dynamik von Mobbing

Um wirksam gegen Mobbing vorzugehen, muss zunächst die Funktionsweise von Mobbing verstanden werden. Grundvoraussetzungen für Mobbing sind:

  • fehlende Ausweichmöglichkeiten (der Arbeitnehmer ist dem Mobbenden gezwungenermaßen ausgeliefert bzw. von ihm abhängig)
  • Unterlegenheit (der Arbeitnehmer ist entweder bezüglich seiner Position oder bei hierarchisch niedrigeren Kollegen zahlenmäßig unterlegen)

Auch die Methoden des Mobbings sind meist ähnlich und folgen einem System. Häufige Mobbingmittel sind:

  • Demütigung
  • Verbreitung falscher Tatsachen
  • Ausgrenzung und Isolierung
  • Zuweisung von sinnlosen oder unter dem Niveau liegenden Arbeitsaufgaben
  • ständiges grundloses Herabwürdigen der Leistung
  • sexuelle oder rassistische Anspielungen
  • Verunsicherungen anhand von sachlichen, aber nicht nachweisbaren Gründen

Bei betroffenen Arbeitnehmern führt das oft zu Demotivation, starkem Misstrauen, Nervosität, sozialem Rückzug, Leistungs- und Denkblockaden und Selbstzweifeln.

Mobbing verursacht eine Abwärtsspirale aus Selbstzweifeln und Einsamkeit, aus der die Betroffenen selten ohne Hilfe ausbrechen können.

In vielen Fällen sieht sich der Arbeitnehmer dann auch nicht mehr in der Lage, nach Ende der Krankschreibung an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren. So kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach einer gewissen Wartezeit krankheitsbedingt kündigen – siehe personenbedingte Kündigung. Ist es bereits so weit gekommen, kann der Betroffene Forderungen aus Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen.

Abwehrmöglichkeiten

Um eine Eskalation des Mobbings zu vermeiden, gilt es, frühzeitig zu handeln. Helfen kann Folgendes:

  • eine individuelle, die ganze Situation umfassende Rechtsberatung: Denn wer weiß, welche Rechte er hat, hat Sicherheit und kann dadurch selbstbewusster auftreten. Außerdem wird so ein Teil der Verantwortung und der Last abgegeben und man hat einen Unterstützer auf seiner Seite. Soll auch Klage erhoben werden, ist es wichtig, die Mobbinghandlungen schriftlich festzuhalten. Das kann beispielsweise durch ein Tagebuch geschehen.
    Handelt es sich bei den Mobbinghandlungen um strafbares Verhalten (z.B. Beleidigungen, sexuelle Belästigung, Urkundenfälschungen …) kann eine Strafanzeige oder eine zivilrechtliche Klage auf Unterlassen in Betracht gezogen werden.
  • unabhängige Mobbingberatung: Eine solche kann helfen, zu lernen, wie sich das Verhalten der Schikanierenden durch eigenes Verhalten steuern lässt, und wie man sich gegen rechtlich nicht relevante Verhaltensweisen wehren kann.
  • Verhandlungen: Wenn die Situation noch nicht komplett verfahren ist, kann es eine gute Idee sein, mit dem Arbeitgeber zu verhandeln. Für solche Verhandlungen ist es empfehlenswert, einen Rechtsbeistand mitzunehmen. Ziele der Verhandlungen können sein: eine Versetzung, das Klären versteckter Konflikte, das Aufklären des Arbeitgebers über die Verhaltensweisen seiner Vorgesetzten oder den Arbeitgeber zum Einschreiten zu bewegen.

Unterlässt der Arbeitgeber dennoch notwendige Maßnahmen zur Unterbindung des Mobbings, kann er dafür als Verantwortlicher haftbar gemacht werden.

Für eine Schadensersatzklage wegen Mobbings ist allerdings zu beachten, dass die Gerichte hohe Anforderungen stellen. Der betroffene Arbeitnehmer muss, um Erfolg zu haben, umfassend beweisen können, dass seine Schäden durch das Mobbing hervorgerufen wurden.

Vor Gericht muss der Arbeitnehmer (am besten mit Hilfe eines Anwalts) konkret darlegen, dass:

  • einzelne Handlungen von genau benannten Personen ausgeführt wurden und unter welchen Umständen das geschah und
  • diese Handlungen zumindest im Zusammenhang rechts- und/oder vertragswidrig waren und die Bezeichnung Mobbing rechtfertigen und
  • diese Handlungen zu konkreten Schäden geführt haben (psychischer oder physischer Natur) und
  • das Mobbing und die daraus resultierenden Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber zuzurechnen sind und ihm Verschulden nachgewiesen werden kann.

Diese Nachweise ausreichend darzulegen, ist sehr schwierig. Vor allem gelingt es häufig nicht, den direkten Zusammenhang zwischen den Mobbing-Handlungen und den Schäden des betroffenen Arbeitnehmers nachzuweisen.

Pflichten des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber hat gemäß § 241 BGB gegenüber seinen Arbeitnehmern Fürsorgepflichten. Im Rahmen dieser Fürsorgepflichten gilt Folgendes: hat er einzuschreiten, wenn:

  1. Der Arbeitgeber hat einzuschreiten, wenn überwiegende Interessen des Arbeitnehmers gefährdet sind, wie sein Persönlichkeitsrecht oder seine Gesundheit.
  2. der Arbeitgeber muss in der Lage sein, die gefährdeten Interessen des Arbeitnehmers vor Eingriffen zu schützen.
  3. Die Möglichkeiten des Arbeitgebers zum Schutz der Interessen des Arbeitnehmers müssen dem Arbeitgeber auch zumutbar sein.

Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer wird über lange Zeit hinweg von seinem Vorgesetzten vor anderen Arbeitnehmern gedemütigt, öffentlich kritisiert und von Teambesprechungen ausgegrenzt. Dadurch ist der Arbeitnehmer psychisch derart belastet, dass er deswegen Schlafstörungen hat. Der Arbeitgeber erfährt von den Verhaltensweisen des Vorgesetzten.

In diesem Fall ist das Interesse des Arbeitnehmers an seiner Gesundheit gefährdet. Der Arbeitgeber könnte hiergegen vorgehen, indem er eine andere Abteilung umstrukturiert und den Arbeitnehmer dort unterbringt oder indem er den Vorgesetzten abmahnt und ihn weiter unter Beobachtung hält. Die für den Arbeitgeber zumutbare Möglichkeit besteht darin, den Vorgesetzten abzumahnen und zu beobachten. Umfangreiche Umstrukturierungsmaßnahmen sind dem Arbeitgeber hingegen noch nicht unbedingt zuzumuten. Sollte die Abmahnung des Vorgesetzten nicht helfen, muss er aber weitere Maßnahmen zum Schutze des Arbeitnehmers ergreifen.

In manchen Mobbingfällen wird der Arbeitnehmer zusätzlich durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz geschützt. Das ist vor allem dann der Fall, wenn er offensichtlich wegen seiner Ethnie, Weltanschauung, Behinderung, seines Alters oder Geschlechts diskriminiert und gemobbt wird.

Fazit: Mobbing am Arbeitsplatz

Schadensersatz oder Schmerzensgeld wegen Mobbings gerichtlich geltend zu machen ist sehr zeitaufwendig und schwierig. Besser ist es, es gar nicht so weit kommen zu lassen, dass körperliche und seelische Beschwerden auftreten. In jedem Fall ratsam ist es aber, die genauen Handlungsweisen der Mobbenden mit Umfang, Zeit und Datum und genauem Inhalt zu dokumentieren (Mobbing-Tagebuch). Wenn Sie Hilfe in Form einer Rechtsberatung oder bei der Erstellung, Vorbereitung oder Durchführung einer Klage benötigen, helfen die Fachanwälte von AfA Ihnen gerne.


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