Anfechtung der Betriebsratswahl
Schätzungen zufolge werden über 80% der Betriebsratswahlen fehlerhaft durchgeführt.
Dieser Schätzwert ist nicht unrealistisch, da das Wahlverfahren im Betriebsverfassungsgesetz und in der Wahlordnung unübersichtlich sowie juristisch anspruchsvoll geregelt ist.
Zudem werden die Wahlen nur alle vier Jahre durchgeführt, sodass Wahlvorstandsmitglieder auch bei wiederholter Amtsübernahme keine Routine entwickeln können. Gleichwohl soll der Wahlvorstand z.B. richtig beurteilen, ob ein Mitarbeiter tatsächlich leitender Angestellter im Sinne des Betriebsverfassungsgesetz ist, und die korrekte Versiegelung der Wahlurne sicherstellen, wenn sich die Wahl über mehrere Tage erstreckt.
Beurteilt der Wahlvorstand Rechtsfragen falsch oder unterlaufen ihm bei der Durchführung der Wahl sonstige Fehler, können diese vom Arbeitgeber, einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft oder drei wahlberechtigten Arbeitnehmern im Wege der Wahlanfechtung geltend gemacht werden. Die Zeit hierfür ist beschränkt: Binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses muss der entsprechende Antrag beim Arbeitsgericht eingehen.
Wann ist eine Anfechtung der BR-Wahl möglich?
Eine rechtsfehlerhafte Betriebsratswahl kann nach § 19 BetrVG nur angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften zum Wahlrecht, zur Wählbarkeit oder zum Wahlverfahren verstoßen wurden. Ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften zum Wahlrecht ist beispielsweise gegeben, wenn …
- ein Wahlberechtigter nicht zur Wahl zugelassen wird (z.B. berechtigter Leiharbeitnehmer, Teilzeitbeschäftigte).
- eine nicht wahlberechtigte Person an der Wahl teilnimmt (z.B. Jugendliche, Helfer im freiwilligen sozialen Jahr, 1-Euro-Jobber).
Ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften zur Wählbarkeit ist beispielsweise gegeben, wenn …
- eine nicht wählbare Person als Wahlkandidat zugelassen wird (z.B. Arbeitnehmer unter 18 Jahren oder leitende Angestellte).
- ein gekündigter Arbeitnehmer, dessen Kündigungsschutzverfahren noch läuft, nicht als Wahlkandidat zugelassen wird.
Ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften zum Wahlverfahren ist beispielsweise gegeben, wenn …
- die Bestellung des Wahlvorstands durch den BR erfolgt, obwohl dessen Amtszeit abgelaufen oder beendet ist.
- die Bestellung des Wahlvorstands auf einer Betriebsversammlung erfolgt, obwohl der Wahlvorstand vom BR bestellt werden müsste.
- der Wahlvorstand nicht ordnungsgemäß zusammengesetzt wurde.
- das Wahlausschreiben nicht oder nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben wurde.
- die Fristen der Wahlordnung zur Einreichung von Wahlvorschlägen nicht eingehalten wurden.
- ausländische Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß über das Wahlverfahren, die Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, den Wahlvorgang und die Stimmabgabe (nach § 2 Abs. 5 WO) unterrichtet wurden.
- das Wahlgeheimnis verletzt wurde.
- die Wahlurne nicht ordnungsgemäß versiegelt wurde.
Welche Folgen hat eine Wahlanfechtung?
Wird ein Wahlanfechtungsverfahren eingeleitet, muss der neu gewählte Betriebsrat nicht gleich mit dem Schlimmsten rechnen. Die Wahlanfechtung ist nur dann begründet, wenn gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen worden ist und das Wahlergebnis durch den Verstoß auch beeinflusst oder geändert werden konnte. Kann der Verstoß durch eine Korrektur des Wahlergebnisses behoben werden, wird es lediglich durch das Arbeitsgericht berichtigt. Nur wenn dies nicht möglich ist, muss die Betriebsratswahl wiederholt werden.
Wir beraten Sie
Im Wahlanfechtungsverfahren unterstützen und vertreten unsere Wahlrechtsexperten den Betriebsrat. Da wir regelmäßig Wahlvorstände schulen, sind wir mit der komplexen Wahlrechtsmaterie vertraut und können dem Betriebsrat helfen, unberechtigte Wahlanfechtungen abzuwehren. Ist dagegen eine erfolgreiche Wahlanfechtung absehbar, beraten wir den Betriebsrat auch in diesem Fall zum richtigen taktischen Vorgehen, damit trotz der Wiederholung der Betriebsratswahl eine betriebsratslose Zeit vermieden werden kann.
Hat der Wahlvorstand bewusst gegen die Wahlvorschriften verstoßen, um das Wahlergebnis zu beeinflussen, oder haben sich ungewollt Fehler auf das Wahlergebnis ausgewirkt, werden wir auch für Arbeitnehmer tätig, die das Wahlergebnis anfechten wollen. Wie der Betriebsrat müssen auch die Arbeitnehmer keine finanziellen Belastungen befürchten, wenn sie uns beauftragen: Die Kosten des Wahlanfechtungsverfahrens sind vom Arbeitgeber zu tragen.