Arbeitszeugnis und Zwischenzeugnis

Christian Heinzelmann
Christian Heinzelmann
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Das Wichtigste zu Arbeitszeugnis und Zwischenzeugnis in Kürze

  • Grundsätzlich: Als Arbeitnehmer haben Sie am Ende des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis und unter bestimmten Voraussetzungen auch während des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein Zwischenzeugnis.
  • Wichtig: Achten Sie darauf, dass sowohl die Aufgabenbeschreibung als auch die Leistungs- und Verhaltensbewertung vollständig und richtig ist. Ein Zeugnis darf auch keine versteckten Hinweise enthalten, die ein schlechtes Licht auf den Arbeitnehmer werfen.
  • Tipp: Lassen Sie sich beim Wechsel des Vorgesetzten oder der Abteilung ein Zwischenzeugnis ausstellen und lassen Sie Ihr Zeugnis durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht auf Geheimcodes prüfen.

Auch wenn heute am Anfang der Bewerbung oft nur ein Lebenslauf gefordert wird, wollen potenzielle Arbeitgeber früher oder später die Arbeitszeugnisse der bisherigen Arbeitgeber sehen. Diese sollen zeigen ob die Qualifikationen und Fähigkeiten des Bewerbers für die ausgeschriebene Stelle ausreichen. Auch soll sich daraus ergeben, ob der Bewerber aufgrund seiner Persönlichkeit und seinem Verhalten für die Stelle und das Unternehmen geeignet ist. Deshalb ist es wichtig, sich ein Zeugnis ausstellen zu lassen und darauf zu achten, dass es vollständig und richtig ist.

Gabrielle Henderson – unsplash.com

Einfaches Arbeitszeugnis und qualifiziertes Arbeitszeugnis

Zeugnisse kann man nach dem Zeitpunkt, zu dem sie erstellt werden oder ihrem Inhalt unterscheiden. 

Das Arbeitszeugnis wird am Ende des Arbeitsverhältnisses ausgestellt. Aber auch während des Arbeitsverhältnisses gibt es die Möglichkeit, ein sogenanntes „Zwischenzeugnis“ zu verlangen, etwa wenn man einen neuen Vorgesetzten bekommt oder die Abteilung wechselt. 

Dann unterscheidet man das einfache Arbeitszeugnis und das qualifizierte Arbeitszeugnis. Ein einfaches Zeugnis muss nur Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten. Dieses muss der Arbeitgeber in jedem Fall am Ende des Arbeitsverhältnisses ausstellen. Das qualifizierte Zeugnis enthält darüber hinaus auch eine Beurteilung der Leistung und des Verhaltens des Arbeitnehmers. Diese Beurteilung muss sowohl wohlwollend sein als auch der Wahrheit entsprechen und es darf keine Anhaltspunkte enthalten, die Rückschlüsse auf eine abweichende Beurteilung zulassen. 

Ausbildungszeugnis und Praktikumszeugnis

Am Ende der Ausbildung muss der Arbeitgeber ohne Aufforderung ein Ausbildungszeugnis ausstellen. Der Anspruch ergibt sich aus § 16 Berufsbildungsgesetz. Auch hier kann zwischen einem einfachen Arbeitszeugnis und einem qualifizierten Arbeitszeugnis gewählt werden. Üblich ist aber auch hier das qualifizierte Ausbildungszeugnis mit wertenden Bemerkungen über Leistung und Verhalten. 

Die gesetzliche Grundlage für ein qualifiziertes Arbeitszeugnis

Der Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis ergibt sich aus § 109 Gewerbeordnung (GewO).

㤠109 GewO РZeugnis

(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.

(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.

(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.“

Auch das BGB enthält mit § 630 BGB eine ähnliche Regelung. Diese hat jedoch nur insoweit Bedeutung, als dass der Arbeitnehmer vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht wirksam auf die Erteilung eines Zeugnisses verzichten kann. Ein solcher Verzicht verstößt gegen das Gesetz und wäre nach § 134 BGB nichtig. Nach der Entstehung des Anspruchs auf ein Zeugnis ist ein Verzicht aber zulässig.

Besteht schon während des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Auch schon während des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Zeugnis. Ein solches „Zwischenzeugnis“ muss ausgestellt werden, wenn ein berechtigtes Interesse besteht. Das ist z.B. der Fall, wenn es Änderungen im Arbeitsverhältnis gibt, wie z.B. die Versetzung in einen anderen Bereich, die Übernahme einer anderen Tätigkeit oder der Wechsel des Vorgesetzten. Auch ein anstehender Betriebsübergang, ein bevorstehender Personalabbau oder die drohende Insolvenz des Arbeitgebers können Gründe für ein Zwischenzeugnis sein. Schließlich können auch persönliche Veränderungen ein Zwischenzeugnis erfordern, wie etwa Elternzeit, Freistellung als Betriebsratsmitglied oder der Wunsch sich beruflich zu verändern. Die Besonderheit des Zwischenzeugnisses ist, dass es in der Gegenwart geschrieben wird, da das Arbeitsverhältnis noch fortbesteht. 

Wie muss ein Zeugnis aussehen?

Inhalt und Aufbau eines qualifizierten Arbeitszeugnisses sind nicht gesetzlich vorgegeben. Ein Zeugnis muss sorgfältig erstellt werden, lückenlos und wahrheitsgemäß sein. Auch die äußere Form des qualifizierten Arbeitszeugnisses sollte ordentlich und sauber sein. Dabei ist das Briefpapier des Arbeitgebers zu verwenden, wenn ein solches vorhanden ist. Da es sich jedoch nicht um einen Brief handelt, bleibt ein etwaiges Anschriftenfeld ungenutzt. Es muss ferner fehlerfrei sein und ohne unzulässige Sonderzeichen, Knicke oder Flecken ausgehändigt werden.

„Unsere Arbeitsrechtsexperten prüfen, ob in Ihrem Arbeitszeugnis negative Formulierungen versteckt sind und verhelfen Ihnen zu Ihrem Wunschzeugnis.“

Sie erreichen uns telefonisch Montag bis Freitag von 08:00 Uhr bis 20:00 Uhr und samstags von 08:00 Uhr bis 14:00 Uhr oder 24/7 bequem über das Onlineformular.

Inhalt des Arbeitszeugnisses – Formulierungen

Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis besteht in der Regel aus fünf Abschnitten:

1. Die Einleitung

Am Anfang des Arbeitszeugnisses stehen die persönlichen Daten des Arbeitnehmers, das heißt Vor- und Nachname, Geburtsdatum, akademische sowie öffentlich-rechtliche Titel sowie der Beginn und beim Arbeitszeugnis auch das Ende des Arbeitsverhältnisses. Meist erfolgt auch eine kurze Vorstellung des Unternehmens. Im Weiteren werden die wesentlichen Tätigkeiten aufgeführt, die der Arbeitnehmer innerhalb des Unternehmens ausgeübt hat, sofern hierfür kein Zwischenzeugnis ausgestellt wurde. Wenn das der Fall war, dann kommt einer Bezugnahme auf das Zwischenzeugnis in Betracht. 

2. Die Stellenbeschreibung

Dieser Teil ist besonders wichtig, weil die Aufgaben aufgeführt werden müssen, die der Arbeitnehmer im Unternehmen auszuführen hatte und die auch bewertet werden. Potenzielle Arbeitgeber können hieran erkennen, ob der Arbeitnehmer den Aufgaben der neuen Position gewachsen sein wird. Es sollte daher darauf geachtet werden, dass das Zeugnis die richtigen Kompetenzen und Verantwortungsbereiche enthält. 

3. Die Leistungsbeurteilung

An dieser Stelle des Arbeitszeugnisses geht es darum zu bewerten, inwieweit die an den Mitarbeiter gestellten Aufgaben tatsächlich erfüllt wurden. Im Wesentlichen gehören dazu folgende Aspekte:

  • Spezielle Fähigkeiten und Kenntnisse (Wissen)
  • Fortbildungen
  • Arbeitsbereitschaft (Wollen) und Arbeitsbefähigung (Können)
  • Arbeitsweise und Arbeitsstil
  • Arbeitsergebnisse und Arbeitserfolg
  • Bei Führungsverantwortung auch Führungsfähigkeit und Führungsleistung
  • Schlussteil der Leistungsbeurteilung mit zusammenfassender Gesamtbewertung der Arbeitsleistung

Auch wenn es keine gesetzlichen Vorgaben gibt, haben sich dieser Inhalt und die Reihenfolge etabliert. Dabei sollte immer auf Vollständigkeit geachtet werden. Sowohl bei den Einzelkriterien als auch der Gesamtbeurteilung hat sich eine gewisse Zeugnissprache etabliert. Die Formulierungen orientieren sich hierbei an Schulnoten von „sehr gut“ bis „ungenügend“. Bekannt sind die Unterscheidungen bei der Gesamtbeurteilung. Hier heißt 

„stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ = sehr gut

„stets zur vollen Zufriedenheit“ = gut

„stets zur Zufriedenheit“ = befriedigend

„zur Zufriedenheit“ = ausreichend

„stets bemüht zur Zufriedenheit“ = mangelhaft bis ungenügend

Neben der Leistung wird im Zeugnis auch das Verhaltendes Arbeitnehmers beurteilt. Bewertet werden soziale Kompetenzen und persönliches Verhalten

4. Der Schluss

Das Arbeitszeugnis endet mit der Angabe von Gründen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wie etwa „auf eigenen Wunsch“, „betriebsbedingt“ oder „in beiderseitigem Einvernehmen“. Des Weiteren ist es üblich das Zeugnis mit einer Schlussformel zu beenden. Auf diese Dankes-, Bedauerns- und Wunschformel besteht zwar kein Anspruch, aber daran lässt sich erkennen, ob die Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer und seinem Arbeitgeber wirklich positiv war.

5. Die Unterschrift

Das Arbeitszeugnis endet mit dem Ausstellungsort, -datum und der Unterschrift des Arbeitgebers. Das muss nicht der Firmeninhaber oder Geschäftsführer sein. Das Zeugnis kann auch von dem Verantwortlichen der Personalabteilung ausgestellt werden. Es muss aber deutlich werden, wer es ausgestellt hat und dass er dazu berechtigt ist. So gehören Name, Position sowie die Vertretungsmacht, z.B. ppa. für per Prokura oder i.V. = in Vollmacht dazu. 

Zeugnissprache und Geheimcode

§ 109 GewO schreibt vor, dass ein Arbeitszeugnis wahr und wohlwollend sein muss. Damit dürfen in der Zeugnissprache weder negative Formulierungen noch offene Kritik enthalten sein. Dies verbietet aber auch versteckte Hinweise auf Kritik am Arbeitnehmer, die sogenannten „Geheimcodes“. Es hat sich mittlerweile eine eigene Zeugnissprache etabliert. Einerseits haben sich bestimmte Formulierungen bewährt, andererseits gibt viele Phrasen, die zwar ganz nett klingen, zum Teil aber das genaue Gegenteil bedeuten. Wer zum Beispiel dafür „gelobt“ wird, durch seine gesellige Art zur Verbesserung des Betriebsklimas beigetragen zu haben, hat möglicherweise nur zu oft zur Flasche gegriffen. Wer sich engagiert für die Interessen seiner Kollegen einsetzt war möglicherweise als Betriebsrat dem Arbeitgeber ein Dorn im Auge. Die Gewerkschaftszugehörigkeit hingegen wird bisweilen durch einen senkrechten Strich neben der Unterschrift gekennzeichnet, der auf den ersten Blick wie ein Versehen aussieht.

Wie können wir Sie bei Ihrem Zeugnis unterstützen?

Sie haben ein Arbeitszeugnis erhalten und sind sich nicht sicher, ob Ihre Arbeitsleistung im Arbeitszeugnis zutreffend beschrieben wurde? 

Nicht immer steckt bei der Erteilung des Arbeitszeugnisses eine böse Absicht des Arbeitgebers dahinter, wenn er ungewöhnliche Formulierungen wählt. Gerade in kleineren Betrieben besteht wenig Übung im Erstellen eines Arbeitszeugnisses und oft ist die Zeugnissprache nicht oder nur unzureichend bekannt.

Gerne prüfen wir Ihr Arbeitszeugnis auf etwaige Mängel, etwa ob in Ihrem Arbeitszeugnis Fehler, negative Bewertungen oder Geheimcodes enthalten sind, die Sie in Ihrem beruflichen Fortkommen hindern. Wenn das der Fall ist, haben Sie einen Anspruch auf Korrektur! Wir werden Sie über die rechtlichen Möglichkeiten aufklären und beraten sowie das weitere Vorgehen besprechen. Falls noch kein Zeugnis ausgestellt wurde, helfen wir Ihnen auch gerne bei der Erstellung eines Zeugnisentwurfs zur Weiterleitung an Ihren Arbeitgeber. Oft lassen sich so Auseinandersetzungen über den Inhalt vermeiden. 


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