Betriebsratsvorsitzender

Waghma Kopp
Waghma Kopp
Rechtsanwältin

Die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden

Sowohl Betriebsratsvorsitzender, als auch Stellvertreter werden in der konstituierenden (ersten) Sitzung des Betriebsrats nach der Betriebsratswahl gewählt. Diese wird vom Wahl-vorstand einberufen und von dessen Vorsitzendem geleitet. § 29 Abs. 1 BetrVG stellt klar, dass die Betriebsratsmitglieder zur konstituierenden Sitzung innerhalb einer Woche nach dem Tag der Betriebsratswahl einzuladen sind.

Die konstituierende Betriebsratssitzung ist für den Betriebsrat von erheblicher Bedeutung: Solange der Betriebsrat sich noch nicht durch die Wahl von Vorsitzendem und Stellvertreter konstituiert hat, existiert praktisch keine handlungsfähige Interessenvertretung.

Der Betriebsratsvorsitzende und sein Stellvertreter werden für die gesamte Wahlperiode des Betriebsrats gewählt. Diese beträgt in der Regel 4 Jahre (§ 21 Satz 1 BetrVG). Eine außerplanmäßige Neuwahl wird immer dann erforderlich, wenn der Betriebsratsvorsitzende sein Amt niederlegt, sein Arbeitsverhältnis beendet oder das Gremium selbst aus einem der in § 13 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 6 BetrVG genannten Gründe neu gewählt werden muss.

Die Wahl des Vorsitzenden und seines Stellvertreters erfolgt durch die ordentlichen Mitglieder des Betriebsrats (bzw. bei Verhinderung eines Betriebsratsmitglieds durch dessen Ersatzmitglied, vgl. § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Wählbar sind nur ordentliche Betriebsratsmitglieder (Ersatzmitglieder sind nicht wählbar, solange sie nicht dauerhaft in den Betriebsrat nachgerückt sind). Darüber hinaus bestehen keine weiteren gesetzlichen Vorgaben.

Es liegt allein in der Entscheidung des Betriebsrats, wer zum Vorsitzenden/Stellvertreter gewählt wird. Dabei muss der Betriebsrat im Sinne des § 33 Abs. 2 BetrVG beschlussfähig sein. Einer qualifizierten Mehrheit bedarf es nicht. Gewählt ist, wer die meisten Stimmen auf sich vereint. Gleichwohl kann das Gremium vor Durchführung der Wahl bestimmen, dass ein bestimmtes Mindestquorum, beispielsweise die absolute Mehrheit (mehr als die Hälfte aller möglichen Stimmen) erreicht werden muss. Für den Fall der Stimmengleichheit macht das Gesetz keine Vorgaben. Letztlich sollte das Los zwischen den Bewerbern mit den meisten Stimmen entscheiden.

Über die Wahl ist gemäß § 34 BetrVG eine Niederschrift anzufertigen. Das sogenannte Sitzungsprotokoll sollte die Namen der Kandidaten und die jeweilige Anzahl der auf sie entfallenen Stimmen enthalten.

Die Wahl von Vorsitzendem und Stellvertreter ist eine gesetzliche Pflicht des Betriebsrats. Kommt das Gremium dieser Pflicht beharrlich nicht nach, könnte es unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 BetrVG sogar aufgelöst werden.

Wichtig: Auch die Betriebsratsmitglieder die sich zur Wahl aufgestellt haben, haben mit abzustimmen.

Anfechtung der Wahl zum Betriebsratsvorsitzenden

Wurde gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen, kann die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden (und dessen Vertreter) angefochten werden. Ein entsprechender Antrag muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Wahlergebnisses beim Arbeitsgericht im Beschlussverfahren eingereicht werden. Anfechtungsberechtigt ist jedes einzelne Betriebsratsmitglied oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft, nicht jedoch der Arbeitgeber oder einzelne Arbeitnehmer des Betriebs.

Insoweit ergibt sich eine Abweichung zur Anfechtung der Betriebsratswahl, wo mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber anfechten können, vgl. § 19 Abs. 2 BetrVG.

Ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften liegt insbesondere vor, wenn

  • die Betriebsratsmitglieder nicht ordnungsgemäß zur Sitzung geladen wurden,
  • das Gremium nicht beschlussfähig im Sinne des § 33 BetrVG war,
  • bei der Abstimmung gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit verstoßen wurde.

Stellung und Aufgaben des Betriebsratsvorsitzenden

Der Betriebsratsvorsitzende (im Verhinderungsfall sein Stellvertreter) ist in erster Linie Betriebsratsmitglied. Darüber hinaus hat er aber noch weitere Befugnisse, Aufgaben und Zuständigkeiten.

Zusätzliche Aufgaben sind insbesondere

  • Einberufung der Betriebsratssitzung (insbesondere Festlegung der Tagesordnung, Einladung der BR-Mitglieder, der Schwerbehindertenvertretung, sowie ggf. der Jugend- und Auszubildendenvertretung),
  • Leitung der Betriebsratssitzungen,
  • Leitung der Betriebsversammlungen,
  • Unterzeichnung der Sitzungsprotokolle,
  • Ausübung des Hausrechts in den BR-Sitzungen/der Betriebsversammlung,
  • Vertretung des Betriebsrats nach außen (v.a. gegenüber dem Arbeitgeber) im Rahmen der von ihm gefassten Beschlüsse, d.h. der Vorsitzende ist Vertreter in der Erklärung, nicht im Willen des Betriebsrats.

Handelt es sich um ein Gremium mit weniger als neun Mitgliedern, so kann dem Vorsitzenden durch Beschluss zudem die Führung der laufenden Geschäfte des Betriebsrats übertragen werden, vgl. § 27 Abs. 3 BetrVG. In Gremien mit mehr als neun Mitgliedern ist er kraft Gesetzes Mitglied im Betriebsausschuss, dem die Führung der laufenden Geschäfte des Betriebsrats obliegt, § 27 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BetrVG.

Betriebsratsvorsitzender: Fazit

Ohne Betriebsratsvorsitz ist das Gremium weitestgehend handlungsunfähig. Er übernimmt die Organisation des Betriebsrats und vertritt ihn nach außen. So beginnen wichtige Fristen (beispielsweise bei personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG oder Kündigungen nach § 102 BetrVG) erst dann zu laufen, wenn die erforderlichen Unterlagen und Informationen dem Betriebsratsvorsitzenden, bzw. dem Gremium selbst übermittelt worden sind. Reguläre Betriebsratsmitglieder können lediglich Boten der Informationen sein. Selbiges gilt für sonstige Erklärungen des Arbeitgebers. Dem Betriebsratsvorsitzenden kommt innerhalb des Gremiums also eine entscheidende Rolle zu.

Gleichwohl gilt: Das Amt des Vorsitzenden ist ein Ehrenamt, das keinen Anspruch auf zusätzliche Vergütung begründet. Hier ergeben sich trotz des erweiterten Aufgabenbereiches keine Besonderheiten zu den sonstigen Betriebsratsmitgliedern.