Gesetzlicher Urlaubsanspruch

Marc-Oliver Schulze
Marc-Oliver Schulze
Fachanwalt für Arbeitsrecht und Datenschutzexperte

Das Wichtigste zum gesetzlichen Urlaubsanspruch in Kürze

  • Grundsätzlich: Jahresurlaub bezieht sich laut dem Gesetz immer auf das Kalenderjahr.
  • Wichtig: Urlaubsanspruch verfällt nur dann zum Jahresende oder zum 31.03. des Folgejahres, wenn der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer klar und rechtzeitig aufgefordert hat den Urlaub zu beantragen mit dem Hinweis das dieser ansonsten verfällt.
  • Tipp: Urlaub sollte bis zum 31.12 beantragt werden. Wichtige Gründe für die Übertragung in das Folgejahr sind: Krankheit oder Urlaubssperre – empfehlenswert ist dabei die schriftliche Bestätigung über die Urlaubsübertragung seitens des Arbeitgebers, denn im Streitfall muss der Arbeitnehmer nachweisen, dass ihm noch Resturlaub zusteht.

Der gesetzliche Urlaubsanspruch von Arbeitnehmern ist geregelt im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Gem. § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die Auszubildenden. Wie sehen die gesetzlichen Regelungen im Detail aus?

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Mindesturlaub: Dauer des Urlaubs

Der gesetzliche Mindesturlaub sieht vor, dass einem Arbeitnehmer mindestens vier Wochen Urlaub zur Verfügung stehen müssen. Nach § 3 BurlG besteht ein Anspruch von 24 Werktage. Das Gesetz geht dabei von einer 6-Tage-Woche aus. Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind, d.h. sechs Tage von Montag bis Samstag. Ist eine kürzere Arbeitswoche vereinbart, ist der Urlaub anteilig kürzer, d.h. bei einer 5-Tage-Woche besteht nur ein Anspruch auf 20 Urlaubstage.

In manchen Arbeitsverträgen und auch in Tarifverträgen wird auch ein längerer Urlaubsanspruch festgelegt. Manchmal wird dabei zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem zusätzlichen vertraglichen Urlaub unterschieden. Für letzteren können abweichende Regeln vereinbart werden, wie etwa der Verfall zum Ende des Jahres.

Darüber hinaus haben schwerbehinderte Arbeitnehmer gem. § 208 SGB IX einen Anspruch auf Zusatzurlaub. Dies gilt aber nur für Menschen, deren körperliche, geistige oder seelische Behinderung einen Grad von mindestens 50 % beträgt. Gleichgestellte haben keinen Anspruch auf Zusatzurlaub. Der Urlaubsanspruch mit der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. Dies ist grundsätzlich rückwirkend der Zeitpunkt der Antragstellung. Der Urlaubsanspruch beträgt in der Regel fünf zusätzliche Urlaubstage im Jahr bei einer 5-Tage-Woche. Ausnahmen können sich aus tariflichen, betrieblichen oder sonstigen Urlaubsregelungen ergeben, die einen längeren Zusatzurlaub vorsehen. Bei der 6-Tage-Woche erhöht der Zusatzurlaub sich auf sechs Arbeitstage, bei der 4-Tage-Woche verringert er sich entsprechend auf vier Arbeitstage.

Wartezeit bis zum Urlaubsanspruch

Der volle Urlaubsanspruch wird gem. § 4 BUrlG erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben. Es besteht jedoch die Möglichkeit einen Teilurlaub im Umfang von einem Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses zu beanspruchen, § 5 Abs. 1 a BUrlG.

Beispiel: Das Arbeitsverhältnis eines Angestellten beginnt zum 1. Februar (in Vollzeit mit einer 40 Stunden Woche verteilt auf fünf Tage Mo – Fr). Im Mai möchte der Angestellte Urlaub nehmen. Aufgrund der Wartezeit von sechs Monaten kann hier nur Teilurlaub beansprucht werden. Berechnet wird dies pro Monat des bis dahin bestehenden Arbeitsverhältnisses wie folgt:

20 (Urlaubstage) : 12 (Monate) = 1,66 Urlaubstage pro Monat.
Im Mai beträgt der Teilurlaub angesichts der gearbeiteten letzten Monate 5 Urlaubstage
(Februar bis April – 3 x 1,66 = 4,98).

Zeitliche Festlegung des Urlaubs

Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber darf den Urlaub nur dann verweigern, wenn dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.

Der Urlaub ist auch dann zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt. Darüber hinaus ist der Urlaub zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, dass dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Hat der Arbeitgeber jedoch den Urlaub bewilligt und dies dem Arbeitnehmer mitgeteilt, so ist ein vorzeitiger Abbruch des Urlaubs nicht mehr möglich.

keine-Urlaubsabgeltung-bei-Erledigungsklausel
© Rawpixel – iStockphoto.com

Übertragbarkeit auf das Folgejahr?

Prinzipiell muss der Arbeitnehmer gem. § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG seinen Urlaub in dem Kalenderjahr, in dem dieser entstanden ist, nehmen. Eine Übertragung auf das Folgejahr ist jedoch möglich, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen (§ 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG).

Konnte ein Mitarbeiter seinen Resturlaub beispielsweise wegen Urlaubssperre, Übermaß an Arbeit oder wegen Krankheit nicht nehmen, so bleibt der Urlaubsanspruch auch im neuen Jahr bestehen. Der Resturlaub muss dann gem. § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres, d.h. bis zum 31. März genommen werden. Für den Fall, dass eine Erkrankung über die ersten drei Monate des Jahres andauert, bleibt der Urlaubsanspruch auch weiterhin bestehen. Sobald der Mitarbeiter aber wieder gesund ist, hat er seinen verbleibenden Urlaub zeitnah zu nehmen. Auch Langzeiterkrankte müssen nach einem Urteil des BAG ihren Urlaub nach ihrer Gesundung im laufenden Kalenderjahr nehmen.

Weiterhin ist der Resturlaub über die ersten drei Monate des Folgejahres hinaus auch dann gültig, wenn ein Mitarbeiter sich in einer 6-monatigen-Probezeit befand und daher seinen Urlaub nicht nehmen konnte. In solch einer Konstellation kann der „alte“ Urlaub noch bis zum Ende des Folgejahres genommen werden. Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist dieser abzugelten.

Abgeltung des Urlaubs

Grundsätzlich ist Urlaub „in Natur“ zu gewähren, das heißt durch bezahlte Freistellung des Arbeitnehmers. Kann der Urlaub aber wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich für die Urlaubstage, die er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr in Natur nehmen konnte.

Bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses sollte dieser Anspruch unbedingt berücksichtigt werden. Vorsicht ist dabei geboten, wenn der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einer Erledigungsklausel zustimmt, da damit auch der Verzicht auf die Abgeltung der noch offenen Urlaubsansprüche verbunden sein kann (vgl. BAG Urteil vom 14.05.2013, 9 AZR 844/11).

Auszahlung für nicht genommenen Urlaub?

Nach dem Bundesurlaubsgesetz darf der Erholungsurlaub nicht mit Geld ausgeglichen werden. Eine Auszahlung des Urlaubsanspruchs ist möglich, soweit der Erholungsurlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann

Erwerbstätigkeit während des Urlaubs?

Nach § 8 BUrlG darf der Arbeitnehmer während des Urlaubs keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten, die einer Erholung entgegensteht. Untersagt sind damit solche Tätigkeiten, die auf einen Erwerb abzielen, d.h. für die eine Gegenleistung in Geld oder Sachwerten erbracht wird. Allerdings fallen unter dieses Verbot nur solche Tätigkeiten, die nach Art und/oder Umfang dem Urlaubszweck zuwiderlaufen. Es kommt dabei sehr auf den Einzelfall an. Wenn der eine Ehepartner den anderen bei dessen Verkaufsstand am Weihnachtsmarkt unterstützt kann dies zulässig sein (LAG Köln, Urteil vom 21.09.2009, 2 Sa 674/09), wenn es sich dabei jedoch um eine, einer vollzeitigen Beschäftigung vergleichbaren Tätigkeit in einem Gastronomiebetrieb handelt, dürfte es unzulässig sein.

Erkrankung während des Urlaubs

Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet. Der verbliebene Rest- bzw. Teilurlaub ist daher neu zu gewähren. Wichtig ist vor allem, dass die Erkrankung während des Urlaubs durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt nachgewiesen wird und die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich dem Arbeitgeber mitgeteilt wird. Der ärztliche Nachweis muss dabei erkennen lassen, dass der ausstellende Arzt sich mit dem Begriff „Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit“ vertraut gemacht hat. Das gilt insbesondere für Atteste aus dem Ausland.

Maßstab Urlaubsentgelt

Das Urlaubsentgelt ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen. Dabei bemisst sich das Urlaubsentgelt gem. § 11 BUrlG nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, dass der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes.

Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraums oder des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen.
Allerdings bleiben Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht.

Zum Arbeitsentgelt gehörende Sachbezüge, die während des Urlaubs nicht weitergewährt werden, sind für die Dauer des Urlaubs angemessen in bar abzugelten.

Können Urlaubstage verfallen?

Das Jahr neigt sich nun dem Ende zu und immer noch haben manche Arbeitnehmer ihren Urlaubsanspruch nicht komplett ausgeschöpft. Grundsätzlich stellt sich daher für viele die Frage, ob der Resturlaub auch auf das Folgejahr übertragen werden kann oder ob die Urlaubstage mit Ende des Kalenderjahres verfallen.

Bislang galt, dass der Urlaub am Ende des Kalenderjahres, spätestens am Ende des Übertragungszeitraumes verfiel. Um den Urlaub im neuen Jahr noch nehmen zu dürfen, mussten Arbeitnehmer nachweisen, dass sie ihn aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nicht bis zum Ende des Kalenderjahres nehmen konnten.

Nach der Entscheidung des EuGH in der Sache Max-Planck gg. Shimizu (EuGH v. 06.11.2018, Az. C68416-684/16) ist das zwar immer noch möglich, dass Urlaubsansprüche verfallen, aber – das ist neu – nur unter bestimmten Voraussetzungen. Der Arbeitgeber ist danach verpflichtet, die Arbeitnehmer konkret und in völliger Transparenz (erforderlichenfalls förmlich) aufzufordern, ihren Urlaub zu nehmen und klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub anderenfalls am Ende des Bezugs- oder eines zulässigen Übertragungszeitraums verfallen wird.

Das BAG hat die Grundsätze des EuGH hierzu mittlerweile konkretisiert (BAG, Urt. v. 19.02.2019, Az. 9 AZR 423/16). Der Arbeitgeber ist grundsätzlich frei in der Auswahl der Mittel, derer er sich zur Erfüllung seiner Mitwirkungsverpflichtung bedient. Die Mittel müssen jedoch geeignet sein, den Arbeitnehmer so zu informieren, dass er frei darüber entscheiden kann, ob er seinen Urlaub in Anspruch nimmt oder nicht und dass er weiß, dass der Urlaub ansonsten verfallen kann. Nach dem BAG soll es reichen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in Textform mitteilt, wie viele Arbeitstage Urlaub ihm im Kalenderjahr zustehen und ihn auffordert, seinen Jahresurlaub so rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des laufenden Urlaubsjahres genommen werden kann. Gleichzeitig muss er ihn darüber belehren, dass der Urlaub verfallen kann, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht rechtzeitig beantragt. Obwohl der EuGH eine konkrete Information in völliger Transparenz gefordert hat, scheint das BAG es nicht für nötig zu halten, dass der Arbeitgeber diese Mitteilung ständig aktualisiert. Auch auf das Kriterium der „Rechtzeitigkeit“ wird nicht näher eingegangen. Vollständige Klarheit herrscht daher noch nicht.

Die ist eine Erleichterung für den Arbeitnehmer. Die größere Hürde liegt jetzt beim Arbeitgeber, der nachweisen muss, den Arbeitnehmer rechtzeitig und richtig informiert zu haben.


Aktuelle Beiträge zum Thema Urlaub