Personenbedingte Kündigung
Voraussetzungen, Krankheit, BEM & Alternativen
Das Wichtigste in Kürze
Eine personenbedingte Kündigung liegt vor, wenn die Gründe in der Person des Arbeitnehmers liegen und er seine vertragliche Arbeitsleistung voraussichtlich längerfristig nicht erbringen kann. Sie ist nur wirksam, wenn eine negative Prognose besteht, betriebliche Interessen erheblich beeinträchtigt sind, keine zumutbare Weiterbeschäftigung möglich ist und eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers ausfällt.
Personenbedingte Kündigungen sind besonders sensibel: Betroffene haben die Situation meist nicht verschuldet, dennoch steht das Arbeitsverhältnis auf dem Spiel. Hier erfahren Sie kompakt, wann eine personenbedingte Kündigung rechtlich wirksam ist, welche typischen Fallgruppen (insbesondere Krankheit) es gibt und welche Alternativen der Arbeitgeber vorher prüfen muss
Was ist eine personenbedingte Kündigung?
Der Kündigungsgrund liegt in der Person des Arbeitnehmers, nicht in seinem Verhalten oder im Betrieb. Maßgeblich ist, dass die geschuldete Arbeitsleistung nicht nur vorübergehend, sondern für eine gewisse Dauer nicht erbracht werden kann. Ursachen sind der Verlust von Fähigkeiten/Eignung, die für die Tätigkeit notwendig sind.
- Objektive Leistungsmängel: z. B. Krankheit, fehlende berufliche Zulassung, Entzug der Fahrerlaubnis, Verlust der Arbeitserlaubnis, Straf- oder Untersuchungshaft.
- Subjektive Leistungsmängel: z. B. unüberwindbare Glaubenshindernisse oder erhebliche Lohnpfändungen bei Arbeitnehmern mit Vermögensbetreuungspflichten.
Voraussetzungen für die Wirksamkeit
1. Negativprognose
Das bedeutet, dass absehbar ist, dass der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung nicht nur vorübergehend nicht erbringen kann.
2. Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen
Die Ausfälle müssen die unternehmerischen Interessen konkret und erheblich negativ beeinflussen, etwa durch Produktionsausfälle, Störungen von Abläufen oder erhebliche Kosten (z. B. Entgeltfortzahlung, Ersatzbeschaffung).
3. Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung (milderes Mittel)
Der Arbeitgeber muss alle zumutbaren Alternativen ausschöpfen, insbesondere eine Weiterbeschäftigung auf einem geeigneten freien Arbeitsplatz oder per Änderungskündigung anbieten. Die Änderungskündigung ist als milderes Mittel vorrangig zu prüfen.
4. Interessenabwägung
Die beiderseitigen Interessen sind abzuwägen. Zu berücksichtigen sind u. a. Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, soziale Verhältnisse, Arbeitsmarktlage und wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers.
Beispiel Krankheit – die häufigste Fallgruppe
| Voraussetzung | Worum geht es? | Beispiele/Indizien |
| Negative Prognose | Leistung auf absehbare Zeit nicht erfüllbar | Häufige Kurzzeitausfälle (ca. 15–20%), Langzeit- oder dauerhafte AU |
| Erhebliche Beeinträchtigung | Konkreter betrieblicher/wirtschaftlicher Nachteil | >6 Wochen Ausfall/Jahr mit Entgeltfortzahlung; gestörte Abläufe; Ersatzkosten |
| Kein milderes Mittel | Zumutbare Weiterbeschäftigung ausgeschlossen | Leidensgerechter freier Arbeitsplatz/Änderungskündigung nicht möglich |
| Interessenabwägung | Zumutbarkeit für AG vs. Schutzwürdigkeit AN | Betriebszugehörigkeit, Alter, Soziales, Unternehmensgröße, Marktlage |
Negative Prognose
- Kurzzeiterkrankungen: Eine negative Prognose kann sich aus häufigen Fehltagen der Vergangenheit ableiten lassen. Als Faustformel gilt: ca. 15–20 % krankheitsbedingte Ausfalltage pro Jahr sprechen eher für eine negative Prognose. Ist die Erkrankung ausgeheilt (z. B. Bruch), spricht das gegen eine Negativprognose; bei chronischen Leiden (z. B. Bandscheibenprobleme) eher dafür.
- Langzeiterkrankungen: Es kommt auf die Gesundheitsprognose zum Kündigungszeitpunkt an; ein ärztliches Gutachten kann diese stützen.
- Dauerhafte Arbeitsunfähigkeit: Liegt diese vor, besteht automatisch eine negative Prognose (z. B. körperlich schwere Tätigkeit, die aufgrund eines Bandscheibenvorfalls nicht mehr leistbar ist).
Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen
- Kurzzeiterkrankungen: Erheblich, wenn Produktion/Abläufe spürbar behindert werden und zusätzliche Kosten (Entgeltfortzahlung, Ersatz) entstehen.
- Langzeiterkrankungen: Erheblich, wenn über längere Zeit (z. B. 24 Monate) die Einsatzmöglichkeit fehlt und das Direktionsrecht faktisch nicht mehr ausgeübt werden kann.
- Dauerhafte Arbeitsunfähigkeit: Regelmäßig automatisch erheblich.
Interessenabwägung
Besondere Umstände können zugunsten des Arbeitnehmers wirken, etwa wenn die Erkrankung auf einem Betriebsunfall beruht, langjährige störungsfreie Beschäftigung vorlag oder höheres Alter gegeben ist. In größeren Unternehmen ist die Weitermanagement-Last oft eher zumutbar als in kleinen Betrieben.
Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung
- Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM): Kein zwingendes Wirksamkeitserfordernis. Unterbleibt das BEM trotz mehr als sechs Wochen Krankheit im Jahr, muss der Arbeitgeber im Prozess darlegen, dass auch bei ordnungsgemäßem BEM keine zumutbare Weiterbeschäftigung möglich gewesen wäre – andernfalls ist die Kündigung sozial ungerechtfertigt.
- Leidensgerechter Arbeitsplatz: Es ist zu prüfen, ob ein geeigneter freier Arbeitsplatz vorhanden ist. „Frei“ ist ein Arbeitsplatz auch dann, wenn ein anderer Arbeitnehmer im Rahmen des Direktionsrechts versetzt werden könnte.
Fazit zur personenbedingten Kündigung
Personenbedingte Kündigungen sind für Arbeitgeber rechtlich anspruchsvoll: Negative Prognose, erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen, fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten und eine sorgfältige Interessenabwägung müssen vorliegen. Gerade im Krankheitsfall scheitern Kündigungen häufig an der Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers – anwaltliche Prüfung lohnt sich daher nahezu immer.
Arbeitssuchend melden
Nach Erhalt einer Kündigung sollten Sie sich zügig bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden, um Ansprüche (z. B. Arbeitslosengeld) zu sichern und Kürzungen zu vermeiden. Die Meldung ist vor Ort oder online möglich.