Schulunganspruch Betriebsrat: Webinar vs Präsenzschulung
Kein genereller Vorrang von Online-Schulungen allein aus Kostengründen
Der Betriebsrat trägt eine große Verantwortung für die Kolleginnen und Kolleginnen im Unternehmen. Um diese optimal erfüllen zu können, ist ein umfangreiches Wissen erforderlich. Nach § 37 Abs. 6 BetrVG haben Betriebsräte daher Anspruch auf Freistellung von der Arbeit und Übernahme der Kosten für die Teilnahme an Schulungen, die für die Betriebsratsarbeit erforderlich sind. Erstattungsfähig sind dabei auch Übernachtungs- und Verpflegungskosten für ein auswärtiges Präsenzseminar, selbst wenn derselbe Schulungsträger ein inhaltsgleiches Webinar anbietet.
Der Sachverhalt: Das BAG hatte zu entscheiden, ob der Arbeitgeber die gesamten Kosten einer Schulung für zwei Mitglieder der Personalvertretung eines Luftfahrtunternehmens erstatten muss. Diese waren zu einer mehrtägigen betriebsverfassungsrechtlichen Grundlagenschulung entsandt worden, wobei auch Übernachtungs- und Verpflegungskosten anfielen. Die Arbeitgeberin zahlte zwar die Seminargebühr, weigerte sich aber die Übernachtungs- und Verpflegungskosten zu übernehmen. Als Begründung trug sie u.a. vor, dass die Möglichkeit bestanden hätte, bei demselben Anbieter an einem zeit- und inhaltsgleichen, mehrtägigen Webinar teilzunehmen. In den Vorinstanzen wurde jeweils entschieden, dass die Arbeitgeberin die Kosten zu erstatten hat. Die Arbeitgeberin legte gegen die Entscheidung des LAG Düsseldorf Rechtsbeschwerde ein.
Die Entscheidung: Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wurde durch das BAG am 07.02.2024 zurückgewiesen. Ebenso wie ein Betriebsrat habe auch die Personalvertretung einen gewissen Spielraum bei der Beurteilung, zu welchen Schulungen sie ihre Mitglieder entsendet. Dieser umfasse grundsätzlich auch das Schulungsformat. Dieser entfiele nicht schon deshalb, weil bei einem Präsenzseminar regelmäßig höhere Kosten anfallen als bei Online-Veranstaltungen.
Die Entscheidung des BAG liegt derzeit nur als Pressemitteilung vor. Ein Aspekt dieses Verfahrens in der Vorinstanz war, dass bei dem alternativen Online-Seminar lediglich die Möglichkeit bestand, sich über eine Chat-Funktion aktiv zu beteiligen. Dadurch sei nach Auffassung des LAG Düsseldorf nicht gewährleistet gewesen, dass sich die Teilnehmer ohne Schwierigkeiten an der Veranstaltung hätten beteiligen können, weshalb sich die Personalvertretung für das Präsenzseminar entscheiden durfte.
Expertenmeinung von Christian Heinzelmann: Die Entscheidung des BAG ist richtig. Präsenzseminaren sollte der Vorrang eingeräumt werden, da sie besser geeignet sind Wissen nachhaltig zu vermitteln. Online-Seminare bieten insbesondere aufgrund der eingeschränkten Beteiligungsmöglichkeiten oft schlechtere Möglichkeiten, Lerninhalte aufnehmen zu können. Zu berücksichtigen ist auch, dass Fortbildungsveranstaltungen auch dem Meinungsaustausch und der Teambuilding des Gremiums dienen. Wenn man allein aus Kostengesichtspunkten generell auf online Seminare verwiesen werden könnte, entfiele ein wesentlicher Effekt dieser Schulungen. Im Ergebnis wären Betriebsräte ansonsten weniger gut geschult und könnten dann die Interessen ihrer Kollegen auch nicht mehr so effektiv vertreten.