Vergütung von Zigarettenpausen
Arbeitnehmer, die während der Arbeitszeit rauchen, ohne dass der Arbeitgeber den Umfang der Pausen kennt, diese aber trotzdem voll vergütet, können nicht darauf vertrauen, dass das so bleibt (LAG Nürnberg vom 05.08.2015, 2 Sa 132/15).
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Der Sachverhalt
Geklagt hatte ein rauchender Arbeitnehmer, der schon seit vielen Jahren bei der Beklagten angestellt ist. Im Betrieb hatte sich eingebürgert, dass die Beschäftigten zum Rauchen ihren Arbeitsplatz jederzeit verlassen durften, ohne dass sie sich im Zeiterfassungsgerät ein- bzw. ausstempeln mussten. Dementsprechend wurde für die Raucherpausen auch kein Lohnabzug vorgenommen.
Nach einigen Betriebsanweisungen zum Nichtraucherschutz trat am 01.01.2013 die „Betriebsvereinbarung Rauchen“ in Kraft. Neben Regelungen zum Nichtraucherschutz führte diese die Verpflichtung ein, beim Entfernen vom Arbeitsplatz zum Rauchen die nächstgelegenen Zeiterfassungsgeräte zum Ein- und Ausstempeln zu benutzen.
Der Mitarbeiter klagte auf Vergütung der entstandenen „Fehlbeträge“ unter Berufung auf den Grundsatz der betrieblichen Übung. Unter einer betrieblichen Übung wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer oder eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern schließen können, dass ihnen eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden soll.
Das Arbeitsgericht wies die Klage erstinstanzlich mit der Begründung ab, dass eine Anspruchsgrundlage für bezahlte Raucherpausen nicht erkennbar sei. Der Kläger habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass auch künftig kein Lohnabzug für Raucherpausen vorgenommen werden würde.
Die dagegen eingelegte Berufung wurde vom LAG Nürnberg ebenfalls zurückgewiesen. Es sei kein Anspruch aus betrieblicher Übung entstanden. Angesichts des über Jahre geduldeten Umfangs von durchschnittlich 60 bis 80 Minuten Raucherpause pro Arbeitnehmer und Tag konnte kein Mitarbeiter darauf vertrauen, dass hierfür auch zukünftig Vergütung gebilligt werden würde. Da ein Anspruch aus betrieblicher Übung im Ergebnis verneint wurde, stellte die „BV Rauchen“ auch keine Änderung einer bestehenden Rechtslage, sondern eine erstmalige Regelung der Raucherpausen dar.
Zudem könnten die Raucher auch deshalb nicht auf Fortzahlung der Raucherpausen vertrauen, da dies offensichtlich zu einer Ungleichbehandlung der Nichtraucher führe. Diese müssten für das gleiche Entgelt im Schnitt über 10 Prozent mehr arbeiten als ihre rauchenden Kollegen.
Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung des LAG Nürnberg stellt klar, dass ungeregelte Raucherpausen keinen Anspruch aus betrieblicher Übung begründen. Trotz der Tatsache, dass der Arbeitgeber über Jahre das Entgelt fortzahlt, ohne die genaue Dauer und Häufigkeit der jeweiligen Pausen zu kennen, können die Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber diese Praxis weiterführt.
Die Frage, in welchem Umfang Raucherpausen noch verhältnismäßig sind, ist schwierig zu beantworten. Es empfiehlt sich daher, eine klare Regelung in einer Betriebsvereinbarung zu treffen. Ob ein Anspruch auf bezahlte Raucherpausen aus betrieblicher Übung entsteht, hängt davon ab, ob der Arbeitgeber sich diesbezüglich tatsächlich binden wollte.
Das BAG geht grundsätzlich davon aus, dass die Vergütung von Pausenzeiten geeignet ist, einen Anspruch aus betrieblicher Übung entstehen zu lassen (so BAG vom 16.06.2004, 4 AZR 417/03). Somit kann nichts anderes gelten, wenn der Arbeitgeber das Rauchen in der Pause über Jahre gebilligt und das Entgelt für diese Zeit vorbehaltlos gezahlt hat.
Derzeit ist die Sache beim BAG anhängig. Es bleibt also abzuwarten, ob die Entscheidungen der Vorinstanzen durch das BAG bestätigt werden.