Weihnachtsgeld trotz Kündigung?

Weihnachtsgeld trotz Kündigung?
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In der Bundesrepublik Deutschland erhalten laut einer Online Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung rund 53 Prozent der Arbeitnehmer Weihnachtsgeld. Mittlerweile setzen viele Unternehmen in Form einer sog. „Stichtagsregelung“ die Voraussetzungen für Weihnachtsgeld fest. Der Erhalt des Weihnachtsgeldes wird davon abhängig gemacht, dass das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt noch besteht. Fraglich ist, ob derartige Klauseln wirksam sind und ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld hat.

Was ist eigentlich Weihnachtsgeld?

Beim Weihnachtsgeld handelt es sich um eine sog. Sonderzuwendung zum Jahresende, die der Arbeitgeber anlässlich des Weihnachtsfestes an seine Mitarbeiter zahlt. Die Zahlung von Weihnachtsgeld dient als Anerkennung für geleistete Dienste, Betriebstreue und als Motivation für die zukünftige Arbeitsleistung.

Besteht ein Anspruch auf Weihnachtsgeld?

Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer keinen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld. Allerdings kann sich ein Anspruch aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag ergeben. Weiterhin kann sich ein Anspruch aus betrieblicher Übung ableiten lassen.

Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld aufgrund betrieblicher Übung kann insbesondere dann entstehen, wenn der Arbeitgeber drei Jahre hintereinander vorbehaltslos Weihnachtsgeld gezahlt hat. Aber Achtung! Sollte der Arbeitgeber bei der Zahlung des Weihnachtsgeldes einen Bindungswillen für die Zukunft ausgeschlossen haben, steht dies der Entstehung eines Anspruchs auf Weihnachtsgeld aus betrieblicher Übung entgegen. Der bloße Hinweis auf die Freiwilligkeit der Leistung genügt hierzu nicht. Durch die Bezeichnung einer Zahlung als freiwillige Leistung wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass der Arbeitgeber sich nicht durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz Zahlung von Weihnachtsgeld verpflichtet fühlt. 

Bezüglich der Frage der Wirksamkeit von Freiwilligkeitsvorbehalten in Formulararbeitsverträgen hat das BAG (BAG, Urteil vom 25.01.2023 – 10 AZR 109/22) entschieden, dass ein Freiwilligkeitsvorbehalt, der sich generell auf Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld bezieht und so ausgelegt werden kann, dass er auch spätere Individualabreden über die Zahlung von Sonderzahlungen erfasst, den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt.

Weihnachtsgeld nach Kündigung?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG vom 13.11.2013 – 10 AZR 848/12) hat in einem Urteil entschieden, dass Arbeitnehmer, die vor dem 31.12. des Jahres kündigen, einen anteiligen Anspruch auf Weihnachtsgeld haben können. Die Voraussetzung hierfür ist, dass es sich um eine Sonderzahlung mit Mischcharakter handelt, d.h. das Weihnachtsgeld muss neben der Entlohnung der Betriebstreue auch eine Vergütung für die bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellen.

Der Sachverhalt

Der Kläger war seit 2006 bei einem Verlag als Controller beschäftigt. Er erhielt jährlich mit dem Novembergehalt eine zunächst als „Gratifikation“ und ab dem Jahr 2007 als „Weihnachtsgratifikation“ bezeichnete Sonderzahlung in Höhe eines Monatsgehalts.

Zum 30.09.2010 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis und verlangte vom Beklagten die anteilige Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2010. Der Verlag berief sich jedoch darauf, dass laut Zahlungsrichtlinie es Voraussetzung für eine Sonderzahlung sei, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12. des jeweiligen Jahres noch besteht.

BAG verurteilt Verlag zur anteiligen Zahlung

Das Bundesarbeitsgericht verurteilte den Verlag zur Zahlung der anteiligen Weihnachtsgratifikation. Es wurde begründet, dass die Zahlung nach den Richtlinien einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das Unternehmen binden und damit die Betriebstreue belohnen sollte. Zugleich diente sie aber der Vergütung der im Laufe des Jahres geleisteten Arbeit.

In solchen Fällen sind sog. „Stichtagsregelungen“ gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, denn die Klausel benachteilige vorher ausgeschiedene Arbeitnehmer unangemessen und stehe im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht.

Außerdem wurde der Vergütungsanspruch nach den Richtlinien monatlich anteilig erworben. Des Weiteren gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Sonderzahlung in erster Linie Gegenzahlung für Zeiten nach dem Ausscheiden des Klägers oder für besondere – vom Kläger nicht erbrachte – Arbeitsleistungen sein sollte.

Lassen Sie ihren Anspruch auf Weihnachtsgeld trotz Kündigung von uns prüfen! Eine allgemeine Erstberatung in einem unserer Büros oder am Telefon kostet nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz 226,10 € – das dürfte in der Regel unter dem möglichen Weihnachtsgeld liegen.

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