Umstrukturierungen im Zuge von Corona – was kann der Betriebsrat tun?

Umstrukturierungen im Zuge von Corona – was kann der Betriebsrat tun?
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Die mit der Corona-Pandemie einhergehenden Beschränkungen bedeuten für viele Unternehmen Auftragsrückgänge, Umsatzverluste und strukturelle Veränderungen. Wenn Arbeitgeber auf die Probleme der Krise mit grundlegenden Änderungen des Betriebs reagieren, die sich nachteilig auf die Belegschaft auswirken können ist der Betriebsrat ganz besonders gefragt. 

Rechte des Betriebsrats bei Umstrukturierungen 

Wenn eine vom Arbeitgeber geplante Umstrukturierung eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 Betriebsverfassungsgesetz darstellt, dann stehen dem Betriebsrat umfassende Informations-, Beratungs- und Mitbestimmungsrechte zu. Die Voraussetzungen dafür sind erfüllt bei massenhaftem Personalabbau, bei Betriebsstillegung, aber zum Beispiel auch bei der Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden oder der Verlegung von wesentlichen Betriebsteilen

Erster Schritt: gesetzlichen Informationsanspruch umfassend nutzen 

Eine geplante Betriebsänderung muss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat beraten. Ferner muss der Arbeitgeber einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat ernsthaft versuchen und einen Sozialplan abschließen. Vor diesen Schritten ist der Betriebsrat vom Arbeitgeber umfassend zu informieren – dieses Recht sollte der Betriebsrat frühzeitig geltend machen, damit er anschließend mit dem Arbeitgeber auf Augenhöhe verhandeln kann. 

Die Instrumente Interessenausgleich und Sozialplan zum Wohle der Belegschaft einsetzen

In einem Interessenausgleich regeln Arbeitgeber und Betriebsrat

  • ob die Betriebsänderung 
  • wann die Betriebsänderung und 
  • wie die Betriebsänderung 

durchgeführt wird. Der Interessenausgleich ist darauf gerichtet Nachteile für die Belegschaft zu vermeiden, oder zumindest zu reduzieren. Bevor der Arbeitgeber nicht ernsthaft versucht hat einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat abzuschließen darf die Betriebsänderung nicht durchgeführt werden. Hält sich der Arbeitgeber nicht an diese gesetzlichen Vorgabe, dann können die betroffenen Arbeitnehmer Nachteilsausgleich verlangen und beim Arbeitsgericht auf Zahlung einer Abfindung von bis zu 18 Monatsverdiensten klagen (§§ 111 Abs. 3 BetrVG, 10 KSchG). 

Neben dem Interessenausgleich muss der Arbeitgeber bei einer Betriebsänderung mit dem Betriebsrat in der Regel auch einen Sozialplan abschließen.

Ein Sozialplan sieht Leistungen vor zum Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge einer vom Arbeitgeber geplanten Betriebsänderung entstehen. Das sind zumeist Abfindungen, aber zum Beispiel auch die Zahlung von Umzugs- oder Fahrtkosten, oder die Errichtung einer Transfergesellschaft. Eine solche Transfergesellschaft dient dazu Arbeitslosigkeit zu vermeiden und Arbeitnehmer in besonderem Maße dabei zu unterstützen eine neue Arbeitsstelle zu finden.  

Findet keine Einigung über den Inhalt des Sozialplans statt, entscheidet die Einigungsstelle. Der Betriebsrat kann damit in vielen Fällen einer Betriebsänderung einen Sozialplan erzwingen und so die mit der Betriebsänderung einhergehenden Nachteile für die Belegschaft ausgleichen oder zumindest spürbar mildern. Dass er sich damit in einer starken Verhandlungsposition befindet sollte er sich stets vor Augen halten. 

Berater hinzuziehen 

Weil Betriebsänderungen zumeist sehr schwierige Fragen aufwerfen sieht das Betriebsverfassungsgesetz vor, dass der Betriebsrat einen Berater hinzuziehen kann. In den meisten Fällen einer Betriebsänderung ist es sehr sinnvoll zu einem möglichst frühen Zeitpunkt externen Rat einzuholen, damit rechtzeitig anhand der rechtlichen Gegebenheiten des betreffenden Falls eine passende Strategie erarbeitet werden kann, um so das beste Ergebnis für die Belegschaft erzielen zu können. 

Sabrina Bickel

Fachanwältin für Arbeitsrecht *

Rechtsanwältin Sabrina Bickel ist bei AfA Ansprechpartnerin sowohl für Arbeitnehmer als auch für Betriebsräte.

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