Strom-Klau am Arbeitsplatz – ein Kündigungsgrund?

Strom-Klau am Arbeitsplatz – ein Kündigungsgrund?
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Kurz mal das private Smartphone aufladen oder mit dem eigenen Ventilator am Arbeitsplatz für Abkühlung sorgen? Es gibt Momente im Arbeitsalltag, in denen man gerne mal die Steckdose am Arbeitsplatz für private Zwecke nutzen möchte. Doch kaum einer weiß, dass diese Selbstverständlichkeit nicht per se erlaubt ist und im schlimmsten Fall sogar eine Kündigung rechtfertigen kann.

Fakt ist: Der Stromanschluss am Arbeitsplatz gehört zum Betrieb. Der Umfang der Nutzung liegt also im Ermessen des Arbeitgebers. Doch nur selten gibt es hierzu eine klare Regelung.

Immer wieder stellt sich daher für Arbeitnehmer die Frage, ob sie durch Privatnutzung der Betriebssteckdosen mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen, schlimmstenfalls mit der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses rechnen müssen. Die Antwort lautet: Ja!

Auch wenn beispielsweise beim Aufladen eines Handys nur von geringen Summen die Rede ist, kann die Verletzung des Eigentums oder des Vermögens des Arbeitgebers einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen. Wie bei jeder außerordentlichen Kündigung ist auch hier eine Interessenabwägung vorzunehmen, um festzustellen, ob es dem Arbeitgeber unzumutbar ist, die ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten. Dabei ist zu berücksichtigen, ob im Betrieb der private Stromverbrauch üblich ist, die Nutzung privater Kaffeemaschinen, Radios, Rasierapparate, Mikrowellen oder das Auflagen von Akkus also mit Einwilligung des Arbeitgebers erfolgt oder von diesem geduldet wird (vgl. LAG Hamm vom 02.09.2010, 16 Sa 260/10).

Die Konstellation erinnert an den Fall der Berliner Supermarkt-Kassiererin „Emmely“, der wegen Leergutbons im Gesamtwert von 1,30 Euro gekündigt worden war. Erst das Bundesarbeitsgericht hatte die sog. Bagatellkündigung der Kassiererin aufgehoben, da nach Auffassung der höchsten Arbeitsrichter nach 31 Jahren Betriebszugehörigkeit eine Abmahnung als Sanktion ausgereicht hätte (vgl. BAG vom 10.06.2010, 2 AZR 541/09). Ähnlich entschieden die Arbeitsgerichte bei der außerordentlichen Kündigung eines Netzwerkadministrators, der seinen Elektroroller für 1,8 Cent nach 19-jähriger Beschäftigungsdauer aufgeladen hatte (LAG Hamm vom 02.09.2010, 16 Sa 260/10), sowie eines Angestellten, der sich in der Mittagspause rasieren wollte und zu diesem Zweck seinen Rasierapparat am Arbeitsplatz für circa 2 Cent auflud (ArbG Aachen vom 01.10.2010, 5 Ca 1826/10).

Fazit:
Eine fristlose Kündigung ist ohne vorherige Abmahnung nur dann gerechtfertigt, wenn dem Arbeitnehmer eine besonders schwere Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann, die es dem Arbeitgeber aufgrund des verlorengegangenen Vertrauensverhältnisses unzumutbar macht, am Arbeitsverhältnis festzuhalten. Dies wird in Bagatellfällen, wie den genannten – gerade bei langer Betriebszugehörigkeit – nur selten der Fall sein.

Eine ordentliche Kündigung, nach erfolgter Abmahnung, ist jedoch grundsätzlich möglich. Um eine solche zu vermeiden, sollten Arbeitnehmer genau klären, was an ihrem Arbeitsplatz erlaubt ist und was nicht.