Sachgrundlose Befristung zulässig, obwohl schon einmal für Arbeitgeber gearbeitet?

Sachgrundlose Befristung zulässig, obwohl schon einmal für Arbeitgeber gearbeitet?
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Viele Arbeitgeber stellen zunächst nur befristet ein. Eine Befristung ohne „Sachgrund“ ist jedoch unzulässig, wenn die Person schon einmal für den Arbeitgeber gearbeitet hat.

Ob dies auch gilt, wenn die vorherige Beschäftigung viele Jahre zurückliegt, wurde in letzter Zeit von den Gerichten viel diskutiert.

Das Bundesarbeitsgericht hat nun eine neue Entscheidung zu dieser Frage getroffen. Danach kann ein früherer Arbeitnehmer erneut sachgrundlos befristet eingestellt werden, wenn die letzte Beschäftigung bei dem Arbeitgeber 22 Jahre zurückliegt.

Was ist eine sachgrundlose Befristung?

Viele Arbeitgeber bieten Bewerbern nur befristete Arbeitsverträge an. Nach Ablauf einer bestimmten Zeit endet dann das Arbeitsverhältnis, es sei denn, es wird ausdrücklich verlängert.

Der Gesetzgeber hat allerdings Regeln zum Schutz der Arbeitnehmer aufgestellt. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) erlaubt die Befristung meist nur, wenn ein „sachlicher Grund“ dafür vorliegt. Zulässige Gründe sind zum Beispiel der kurzzeitige Arbeitsbedarf bei Saisonarbeit oder die Vertretung einer anderen Arbeitskraft.

Unter bestimmten Voraussetzungen können Arbeitsverhältnisse aber auch ohne Sachgrund bis zu zwei Jahre befristet werden. Das gilt allerdings grundsätzlich nur dann, wenn der Arbeitnehmer vorher nicht schon einmal beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt war. Man spricht von einer sog. Vorbeschäftigung.

Die bisherige Rechtsprechung zur sachgrundlosen Befristung nach einer Vorbeschäftigung

Das Bundesarbeitsgericht war vor einigen Jahren der Meinung, dass dieses Verbot der sachgrundlosen Befristung zu weit gehe. Trotz einer Vorbeschäftigung beim selben Arbeitgeber sollte ein Bewerber erneut sachgrundlos befristet eingestellt werden können, wenn er zumindest in den letzten drei Jahren nicht für den Arbeitgeber gearbeitet habe. Diese Entscheidung wurde allerdings vom Bundesverfassungsgericht gekippt.

Aber auch das Bundesverfassungsgericht geht nicht davon aus, dass das Verbot der sachgrundlosen Befristung nach einer Vorbeschäftigung unbeschränkt gilt. Es darf danach sachgrundlos befristet eingestellt werden, wenn die Vorbeschäftigung

  • ganz anders geartet war,
  • nur sehr kurz andauerte oder
  • sehr lange zurückliegt.

Am letzten dieser Fälle knüpft die aktuelle Entscheidung des BAG an.

Zum Fall: Arbeitgeberin stellt frühere Mitarbeiterin befristet ein

Die Arbeitnehmerin war das erste Mal vom 22.10.1991 bis zum 30.11.1992 bei der Arbeitgeberin als Hilfsarbeiterin angestellt. Die zweite Anstellung bei derselben Arbeitgeberin erfolgte am 15.10.2014 mit sachgrundloser Befristung zum 30.06.2015. Nach einer Verlängerung zum 30.06.2016 war die Arbeitgeberin der Meinung, das Arbeitsverhältnis sei beendet.

Dagegen richtet sich die Klage der Arbeitnehmerin. Sie beantragte vor dem Arbeitsgericht die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristung am 30.06.2016 geendet ist. In letzter Instanz wandte sie sich an das Bundesarbeitsgericht.

Bundesarbeitsgericht: Vorbeschäftigung liegt lange genug zurück

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Befristung des Arbeitsvertrages auch ohne Sachgrund wirksam sei.

Zwar verbiete § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG die sachgrundlose Befristung, wenn zwischen den Parteien schon einmal ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Es seien jedoch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu beachten. Danach müsse die Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränkend ausgelegt werden: Ein Verbot der sachgrundlosen Befristung sei unzumutbar, wenn

  • eine Kettenbefristung nicht zu befürchten sei und
  • keine Gefahr für das unbefristete Arbeitsverhältnis als reguläre Beschäftigungsform bestehe.

Dies sei insbesondere der Fall, wenn die letzte Anstellung bei demselben Arbeitgeber schon sehr lange zurückliege.

Dies sei hier der Fall, da die Arbeitnehmerin das letzte Mal vor 22 Jahren bei der Arbeitgeberin gearbeitet habe. Es lägen zudem keine besonderen Gründe vor, die ein Verbot der sachgrundlosen Befristung auch nach so langer Zeit notwendig machen würden.

Fazit „Sachgrundlose Befristung zulässig, bei sehr lange zurückliegender Vorbeschäftigung“

War ein Bewerber bei demselben Arbeitgeber schon einmal beschäftigt, schließt dies nicht generell aus, dass er sachgrundlos bis zu zwei Jahre befristet eingestellt werden kann. Das Bundesarbeitsgericht konkretisiert damit zum zweiten Mal die Regeln, die das Bundesverfassungsgericht zu diesem Thema aufgestellt hat.

Allerdings dürften diese Fälle in der Praxis die Ausnahme bleiben. Selten liegt eine Vorbeschäftigung 22 Jahre oder länger zurück. Einen Zeitraum von acht Jahren hielt das Bundesverfassungsgericht zuletzt für zu kurz. Der Bewerber konnte also nicht sachgrundlos befristet eingestellt werden. Damit wird deutlich, dass eine Vorbeschäftigung beim selben Arbeitgeber einer sachgrundlosen kalendermäßigen Befristung in aller Regel im Wege steht.

Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 21.08.2019, Az. 7 AZR 452/17

Christian Heinzelmann

Fachanwalt für Arbeitsrecht *

Rechtsanwalt Christian Heinzelmann spezialisierte sich bereits während seines Studiums an der FAU Erlangen auf das Arbeitsrecht. Nach dem Referendariat in Nürnberg war Rechtsanwalt Heinzelmann über 15 Jahre in mittelständischen Kanzleien im Großraum Nürnberg/Fürth/Erlangen mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht tätig, zuletzt in einer größeren wirtschaftsrechtlich ausgerichteten Kanzlei in Erlangen.

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