Zulässigkeit von Zwangsurlaub während der Corona-Krise
Reisen ist zu Zeiten von Corona nicht möglich. Die Grenzen sind größtenteils geschlossen, Flüge werden gestrichen und Reisen von den Reiseveranstaltern storniert. Es gilt mithin eine weltweite Reisewarnung. Dennoch werden viele Arbeitnehmer derzeit in Zwangsurlaub geschickt und fragen sich, ob das so einfach möglich ist.
Aufschluss gibt hier in erster Linie § 7 I Bundesurlaubsgesetz (BurlG), wonach bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind, es sei denn, dass dringende betriebliche Belange entgegenstehen. Das heißt, grundsätzlich erfordert die Beantragung von Urlaub beiderseitiges Einverständnis. Liegen dagegen dringende betriebliche Belange vor, ist ausnahmsweise auch eine einseitige Anordnung möglich.
Fraglich ist an dieser Stelle, ob die Auswirkungen der Corona-Krise dringende betriebliche Belange darstellen. Relativ unproblematisch dürfte sich die Frage beispielsweise in der Gastronomie oder in nicht systemrelevanten Geschäften beantworten lassen, da diese aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen sind. Dringende betriebliche Belange sind hier also eindeutig gegeben.
Schwieriger wird die Frage bei Unternehmen, die grundsätzlich nicht geschlossen sind. Jedenfalls rechtfertigen rein wirtschaftliche Gründe, ein Umsatzrückgang oder eine nicht vorhandene Auslastung der Arbeitnehmer wegen fehlender Aufträge nicht allein einen Zwangsurlaub. Fraglich ist hier nämlich allein schon der unmittelbare positive Effekt, da jedenfalls Gehälter auch während des Urlaubs weitergezahlt werden müssen. Die Anmeldung von Kurzarbeit ist deshalb die oft sinnvollere Variante. Etwas anderes ist es dann, wenn der Arbeitgeber einer etwaigen Unterbesetzung nach der Corona-Krise entgegenwirken möchte, da zu erwarten ist, dass alle Mitarbeiter gleichzeitig Urlaub nehmen wollen. Der positive Nutzen, der im schlimmsten Fall sogar einer Insolvenz entgegenwirken kann, ist hier eindeutig erkennbar. Es liegen dringende betriebliche Belange vor. Die Anordnung von Zwangsurlaub ist damit grundsätzlich rechtmäßig. Was dennoch immer zusätzlich beachtet werden muss, ist die Verhältnismäßigkeit der Anordnung. Die Rechtsprechung erachtete hier bisher drei Fünftel des Jahresurlaubes für angemessen. Aussagekräftige Rechtsprechung zu Zeiten der Corona-Krise liegt derzeit noch nicht vor.
Zu beachten ist zudem, dass bei Unternehmen mit Betriebsrat auch dieser zustimmen muss. Andernfalls ist die Anordnung nicht rechtmäßig. Des Weiteren müssen alle Arbeitnehmer gleich behandelt werden. Die Anordnung von Zwangsurlaub nur für einzelne Mitarbeiter ist nicht möglich. Wurde entweder der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt, gilt die Anordnung nur für einzelne Mitarbeiter oder ist die Anordnung aus anderen Gründen nicht rechtmäßig, kommt der Begriff des Annahmeverzuges ins Spiel. Bietet der Mitarbeiter seine Arbeitskraft vor Ort an und wird anschließend wieder nach Hause geschickt, ist der Arbeitgeber im Annahmeverzug und muss weiterhin Gehalt zahlen, ohne dass Urlaub abgezogen wird.