Unbillige Weisungen des Arbeitgebers – BAG vor wichtiger Rechtsprechungsänderung

Unbillige Weisungen des Arbeitgebers – BAG vor wichtiger Rechtsprechungsänderung
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Bislang mussten Arbeitnehmer einer Weisung ihres Arbeitgebers auch dann folgen, wenn diese unbillig ist – jedenfalls solange, bis hierüber eine rechtskräftige gerichtliche Klärung erzielt wurde. Dies hatte der fünfte Senat des BAG bereits 2012 entschieden (Urteil vom 22.02.2012, 5 AZR 249/11) und sich hierbei auf § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB gestützt, wonach eine „unbillige Leistungsbestimmung nicht nichtig, sondern nur unverbindlich“ ist.

Gerade im Falle einer (unbilligen) Versetzung des Arbeitnehmers, insbesondere in eine andere Stadt, befand sich der Arbeitnehmer dann in einer unschönen Zwickmühle, denn wenn er dieser Weisung nicht nachkam, so musste er mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Kündigung rechnen. Diese Verpflichtung zur gerichtlichen Klärung vor Nichtbefolgung der Weisung wurde in der Vergangenheit stark kritisiert.

Der zehnte Senat des BAG hatte nun einen einschlägigen Fall vorliegen, den er anders entscheiden wollte:

Nach gewonnenem Kündigungsschutzverfahren wies der Arbeitgeber den Arbeitnehmer an, statt wie bisher in Dortmund, nun für ein halbes Jahr in Berlin zu arbeiten. Nachdem sich der Arbeitnehmer weigerte und seine Arbeit in Berlin nicht aufnahm, sprach der Arbeitgeber zunächst zwei Abmahnungen und schließlich die fristlose Kündigung aus. Hiergegen wandte sich der Arbeitnehmer und obsiegte in erster und zweiter Instanz – trotz der gegenteiligen Rechtsprechung des fünften Senats, die den Arbeitnehmer zur Arbeitsaufnahme bis zur gerichtlichen Klärung der Weisung gezwungen hätte. Hiergegen legte der Arbeitgeber Revision zum BAG ein.

Der zehnte Senat hat diese Konstellation zum Anlass genommen, beim fünften Senat anzufragen, ob dieser an seiner Auffassung weiterhin festhält. Hätte er dies, so hätte die Sache aufgrund divergierender Rechtsansichten dem großen Senat des BAG vorgelegt werden müssen, § 45 Abs. 3 ArbGG.

Mit Antwortbeschluss vom 14.09.2017 hat der fünfte Senat allerdings seine bisherige Rechtsauffassung fallen gelassen, sodass nun der Weg für ein rechtsprechungsänderndes Urteil des BAG frei ist, das alsbald zu erwarten ist.

Diese Rechtsprechungsänderung war bzw. ist schon lange überfällig. Gem. § 106 Gewerbeordnung kann der Arbeitgeber zwar Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleitung nach billigem Ermessen näher bestimmen, so­weit die­se Ar­beits­be­din­gun­gen nicht durch den Ar­beits­ver­trag, Be­stim­mun­gen ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung, ei­nes an­wend­ba­ren Ta­rif­ver­tra­ges oder ge­setz­li­che Vor­schrif­ten fest­ge­legt sind (sog. Direktionsrecht). Eine grenzenlose Verpflichtung zur Befolgung der Weisung führte bislang allerdings oft zu nicht hinnehmbaren Konsequenzen für den Arbeitnehmer, der sogar in grundrechtlichen Belangen betroffen sein konnte, z.B., wenn er so gezwungen wurde, von seiner Familie wegzuziehen.