Stürmische Zeiten trotz Insolvenz-Schutzschirm – Tausende Jobs bei Galeria Karstadt Kaufhof fallen weg

Stürmische Zeiten trotz Insolvenz-Schutzschirm –  Tausende Jobs bei Galeria Karstadt Kaufhof fallen weg
© Tobias Arhelger - stock.adobe.com

Galeria Karstadt Kaufhof will 62 seiner aktuell noch 172 Filialen schließen. Das ist mehr als jedes dritte Haus. Verbunden ist damit der Wegfall von mehreren tausend Arbeitsplätzen. Sollte das beantragte Schutzschirmverfahren nicht insbesondere auch die Belegschaft schützen? Was genau ist ein Schutzschirmverfahren und wo liegt der Unterschied zum „regulären“ Insolvenzverfahren? Und vor allem: Was kann ich als Arbeitnehmer aktuell tun?

Das Insolvenzverfahren 

Ein Insolvenzverfahren wird durchgeführt bei (drohender) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eines Unternehmens. Ziel ist es, die Zahlungsfähigkeit wiederherzustellen oder die verbleibenden Vermögenswerte unter den Gläubigern fair zu verteilen.

Besonderheiten des Schutzschirmverfahrens

Das Schutzschirmverfahren ist eine Variante des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung und in § 270 b der Insolvenzordnung (InsO) geregelt. Voraussetzung ist, dass die Zahlungsunfähigkeit nicht bereits eingetreten ist und eine Chance auf eine erfolgreiche Sanierung besteht. 

Im Gegensatz zum sogenannten Regelinsolvenzverfahren wird das Unternehmen nicht durch einen externen Insolvenzverwalter geführt, sondern das Unternehmen kann die Sanierung aktiv mitgestalten. So kann der Sachwalter, der die Interessen der Gläubiger im Blick behält, vom Schuldner ausgewählt werden. Ziel dieses Verfahrens in die Sanierung und Fortführung des Unternehmens. Dies geschieht durch die möglichst schnelle Vorlage eines Insolvenzplans. Konkret bedeutet dies, dass die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten und das Unternehmen zügig entschuldet wird.

Das Schutzschirmverfahren bei Galeria Karstadt Kaufhof

Als Sachwalter wurde von Galeria Karstadt Kaufhof Frank Kebekus eingesetzt. Dieser ist zusammen mit dem Generalbevollmächtigten Arndt Geiwitz (der schon die Schlecker-Insolvenz durchführte) für die Vorlage des Insolvenzplans zuständig. Zugleich hat das Schutzschirmverfahren auch einen Marketing-Vorteil: „Schutzschirm“ klingt positiver und verunsichert Kunden und Belegschaft vermeintlich weniger als der Begriff „Insolvenzverfahren“.

Der weitere Ablauf des Verfahrens

Bis Ende Juni muss der Insolvenzplan stehen. Dieser muss dem Amtsgericht Essen, der Gläubigerversammlung, den Sozialpartnern, den Mitarbeitern und allen anderen Beteiligten des Verfahrens vorgestellt werden. Stimmen die Beteiligten des Insolvenzverfahrens diesem Plan nicht zu, wird das Regelinsolvenzverfahren durchgeführt. Dann wird eine Abwicklung des Unternehmens wahrscheinlicher. Für die krisengebeutelte Belegschaft ist die Zeit der Unsicherheit daher leider noch nicht vorbei.

Was bedeutet das Verfahren für die Beschäftigten?

Trotz „Schutzschirm“ drohen für die Belegschaft der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH und Karstadt Sports stürmische Zeiten. Zunächst sollen 62 der 172 Warenhäuser geschlossen werden, bis zu 5.000 Vollzeitstellen sind in Gefahr. Die Sanierer planen zudem massive Lohnkürzungen. Betriebsrenten aus der Pensionsversorgungskasse und Abfindungen werden aktuell nicht gezahlt.

Die Betriebsräte der Warenhäuser befinden sich derzeit in Verhandlungen mit den Sanierern. Keine leichte Aufgabe für die Betriebsräte angesichts der Corona-bedingten Umsatzverluste und der Konkurrenz durch den Online-Handel.

Viele Beschäftigte waren bereits seit März von Kurzarbeit betroffen und erhielten für die Monate April, Mai und Juni Insolvenzgeld. Dieses wird von der Agentur für Arbeit in Höhe von 100% des Nettoentgelts für drei Monate gezahlt (gedeckelt in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung bei 6.900 Euro (West) und 6.450 Euro (Ost)), sodass ab Juli wieder der Arbeitgeber den Lohn zahlen muss. 

Wie kann die Belegschaft sich wehren?

Gegen Kündigungen kann mit einer Kündigungsschutzklage reagiert werden. Oft kann so eine höhere Abfindung erreicht werden. Hier gelten kurze Fristen.

Aufhebungsverträge sollten auch in Drucksituationen nicht überhastet unterschrieben werden. Eine Woche Bedenkzeit sollte das Minimum sein, um die Vor- und Nachteile abzuwägen und eine Beratung durch einen Rechtsanwalt einzuholen. Viele Rechtsschutzversicherungen übernehmen hierfür die Kosten. 

Beratung für Mitarbeiter von Galeria Kaufhof Karstadt

AfA Rechtsanwälte vertreten bereits eine Vielzahl von Mitarbeitern der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH. Wir verfügen über langjährige Erfahrungen bei der Durchsetzung von Ansprüchen von Arbeitnehmern bei Kündigungen oder Verhandlungen von Aufhebungsverträgen. Dabei haben wir immer exklusiv das Interesse der Arbeitnehmer im Blick. Wir kämpfen um den Erhalt Ihres Arbeitsplatzes oder werden das Maximum an Abfindung für Sie herausholen, wenn eine Rückkehr nicht (mehr) gewünscht ist. Näheres zum Thema Kündigung auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=7fJNwhVs2wg&t=11s

Lassen Sie sich bei Fragen im Hinblick auf eine (bevorstehende) Kündigung gerne von uns beraten. Wir sind auch in stürmischen Zeiten für Sie da! Neben dem Autor dieses Beitrags, Rechtsanwalt Viktor Kilinski, (berlin@afa-anwalt.de) stehen Ihnen natürlich auch gerne alle anderen AfA Anwälte zur Verfügung.

Viktor Kilinski

Rechtsanwalt *

Rechtsanwalt Viktor Kilinski ist bei AfA in allen Angelegenheiten des Individual- und Kollektiv-Arbeitsrechts tätig. Als Referent schult er Betriebsräte in Inhouse-Seminaren sowie für verschiedene Kursveranstalter.

Alle Beiträge von Viktor Kilinski