Lügen im Vorstellungsgespräch?

Lügen im Vorstellungsgespräch?
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Grundsätzlich dürfen Bewerber im Vorstellungsgespräch nur mit Fragen konfrontiert werden, zu deren Klärung der Arbeitgeber ein sachlich berechtigtes Interesse hat. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass Personalverantwortliche den Bewerbern häufig private oder sogar intime Fragen stellen. Fraglich in diesem Zusammenhang ist insofern, ob derart unzulässige Fragen überhaupt arbeitsrechtlich zulässig sind und ob diese wahrheitsgemäß beantwortet werden müssen.

Folgen bei falscher Beantwortung unzulässiger Fragen

Stellt ein Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch eine Frage, die er eigentlich nicht stellen dürfte, so muss der Bewerber nach der Rechtsprechung diese Fragen gar nicht bzw. nicht wahrheitsgemäß beantworten. In der Regel hat der Bewerber dann das „Recht zur Lüge“, d.h. die Fragen dürfen falsch beantwortet werden, ohne dass dabei rechtliche Nachteile drohen.

Unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch

Mittlerweile gibt es eine Anzahl typischer Fragen, die beim Vorstellungsgespräch nicht erlaubt sind. In der Regel gelten Fragen zu folgenden Themenbereichen im Bewerbungsgespräch als unzulässig:

  • Schwangerschaft
  • Familienplanung
  • Religionszugehörigkeit (Ausnahme: Tendenzbetriebe)
  • Parteizugehörigkeit (Ausnahme: Tendenzbetriebe)
  • Gewerkschaftszugehörigkeit (Ausnahme: Tendenzbetriebe)
  • Lohnpfändungen
  • Sexueller Orientierung
  • Mitgliedschaft in Verbänden und Vereinen
  • Schwerbehinderung

Insbesondere die Frage nach einer Schwangerschaft ist in einem Bewerbungsgespräch nicht zulässig. Die Bewerberin braucht diese Frage nicht zu beantworten. Darüber hinaus dürfen Frauen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sogar lügen und somit die Schwangerschaft generell verschweigen (BAG vom 06.02.2003 – 2 AZR 621/01). Die rechtliche Grundlage ergibt sich aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Im § 7 Abs. 1 AGG ist festgelegt, dass Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden dürfen. Eines dieser in § 1 AGG genannten Gründe ist das Verbot der Benachteiligung wegen des Geschlechts.

Benachteiligungen gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 AGG sind dann verboten, sofern es in Bezug auf die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit steht. Dies bedeutet, dass bei Einstellungen keine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen erfolgen darf.

Vorsicht, es gibt Ausnahmen!

Generell sind Fragen im Vorstellungsgespräch dann zulässig, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Beantwortung hat. Der Bewerber ist dann verpflichtet, diese Art von Fragen zu beantworten.

Möchte sich jemand beispielsweise für eine Tätigkeit in einer katholischen Kirche bewerben, so hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, sich nach der Religionszugehörigkeit des Bewerbers zu erkundigen.

Die Frage nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit grundsätzlich zwar unzulässig, es sei denn der Arbeitgeber möchte bei der Anwendung von Tarifverträgen zwischen Mitgliedern der Gewerkschaft und Nicht-Mitgliedern unterscheiden. Dann ist die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit ausnahmsweise erlaubt. Der Arbeitnehmer darf aber beim Vorstellungsgespräch trotzdem lügen. Es reicht insofern, wenn die Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft erst nachträglich im bestehenden Arbeitsverhältnis mitgeteilt wird.

Weiterhin sind z.B. Fragen nach Lohnpfändungen und Vermögensverhältnissen gestattet, soweit der Bewerber sich auf eine Position bewirbt, die zum größten Teil mit Geldverkehr zu tun hat und der Bewerber z.B. Kontovollmacht nebst umfangreicher Verfügungsbefugnis erhalten soll. Der Arbeitgeber ist in einem derartigen Fall darauf angewiesen, zu wissen, dass der Bewerber in halbwegs stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen lebt.

Den Bewerber im Vorstellungsgespräch nach Vorstrafen zu fragen, ist grundsätzlich unzulässig. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Vorstrafe für die Tätigkeit bedeutend ist bzw. mit dieser in Zusammenhang steht. Die Frage ist z.B. erlaubt, wenn ein Bewerber als Kraftfahrer nach Vorstrafen wegen Straßenverkehrsdelikten gefragt wird.