Home-Office in Corona-Zeiten

Home-Office in Corona-Zeiten
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Wohl selten war das Thema Home-Office so aktuell wie in Zeiten von Corona. Immerhin ist die Arbeit im Home-Office ein probates Mittel, um sich und die Kollegen vor einer Ansteckung zu schützen und die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern.

Habe ich während der Corona-Krise einen Anspruch auf Arbeit im Home-Office?

Anders als bei unseren niederländischen Nachbarn – diese haben bereits seit Juli 2015 einen Rechtsanspruch auf Home-Office – gibt es in Deutschland, von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen, bislang kein gesetzlich verankertes Recht auf Arbeit im Home-Office. Zwar hat die SPD bereits vor der aktuellen Corona-Krise einen Vorstoß dahingehend unternommen, dass Unternehmen Heimarbeit künftig erlauben müssen. Es bleibt allerdings spannend, ob der Rechtsanspruch auf das Home-Office tatsächlich kommt.

Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Home-Office kann sich damit unmittelbar nur aus dem Arbeitsvertrag oder aus entsprechenden Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen ergeben. Viele größere Unternehmen haben von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht und entsprechende Betriebsvereinbarungen in der Vergangenheit abgeschlossen oder sind – aufgeschreckt durch die aktuelle Situation – derzeit dabei, entsprechende Vereinbarungen auszuarbeiten. 

Auch aus den zwischen den Parteien bestehenden Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) kann in der Regel kein Recht auf die Arbeit im Home-Office abgeleitet werden. Der Arbeitgeber kann hiernach allenfalls verpflichtet sein, im Rahmen seines Direktionsrechts nach billigem Ermessen über die Arbeit im Home-Office zu entscheiden. In der aktuellen Situation wird der Arbeitgeber die Arbeit im Home-Office aber beispielsweise dann gestatten müssen, wenn Arbeitnehmer wegen der Schließung von Schulen und Kindergärten ihre Kinder zu Hause betreuen müssen oder das Abstandsgebot von 1,50 bis 2 m im Betrieb nicht eingehalten werden kann und deshalb die Gefahr einer Ansteckung droht. Die Arbeit vor Ort wird dem Arbeitnehmer auch dann nicht zuzumuten sein, wenn betriebsintern ein akuter Corona-Fall auftritt. Dem Arbeitgeber obliegt die Fürsorgepflicht für seine Mitarbeiter, er muss sie also vor Infektionen oder gefährlichen Krankheiten schützen. Falls erforderlich, eben auch durch Gestattung des Home-Office. Aber Achtung: Allein die Angst vor einer Ansteckung berechtigt noch nicht zur Arbeit im Home-Office und selbst bei einer Ausgangsbeschränkung darf nicht einfach eigenmächtig aus dem Homeoffice gearbeitet werden. Denn diese gilt grundsätzlich nicht für den Weg zur Arbeit.

Viele Arbeitgeber regeln das Thema „Homeoffice“ in der aktuellen Situation allerdings einvernehmlich mit ihren Mitarbeitern und ermöglichen diesen in Anbetracht der außergewöhnlichen Situation die Tätigkeit im Home-Office.

Darf mich der Arbeitgeber während der Corona-Krise auch gegen meinen Willen ins Home-Office schicken?

Die Anordnung einer Tätigkeit im Home-Office zielt darauf ab, den Arbeitnehmer zur Erbringung seiner Arbeitsleistung in der eigenen Wohnung zu verpflichten. Die Anweisung des Arbeitgebers, im Home-Office zu arbeiten, berührt daher den von Art. 13 GG garantierten Schutz der Wohnung. Der Arbeitgeber kann damit Home-Office nicht einseitig anordnen, es bedarf vielmehr einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ausnahmen sind allenfalls dann denkbar, wenn der Betrieb sich sonst nicht aufrechterhalten lässt und die Arbeit im Home-Office dem Einzelnen auch zumutbar ist. Es ist dann allerdings Sache des Arbeitgebers, die Arbeitnehmer mit den entsprechenden Arbeitsmitteln auszustatten. Ebenso muss die Datensicherheit im Home-Office gewährleistet sein. Nicht zuletzt hat der Arbeitgeber bei der Anordnung von Home-Office die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates zu beachten: Neben einem umfassenden Unterrichtungsrecht bei der Einführung von Homeoffice-Arbeitsplätzen (§ 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG), kommen insbesondere Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 BetrVG in Betracht. Die Anordnung der Arbeit im Home-Office ist oftmals mit einer Änderung der Arbeitszeiten verbunden, was Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG auslöst. Weitere Beteiligungsrechte des Betriebsrates ergeben sich aus § 99 Abs. 1 BetrVG: Weist der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen Home-Office-Arbeitsplatz zu, bedarf diese – als Versetzung i.S.d. § 95 Abs. 3 BetrVG zu qualifizierende – personelle Einzelmaßnahme der Zustimmung des Betriebsrats. 

Kann der Arbeitgeber mich zwingen, im Home-Office meine privaten Geräte nutzen?

Das persönliche Eigentum des Arbeitnehmers ist der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers grundsätzlich entzogen. Der Arbeitgeber kann die Nutzung des privaten PCs oder Handys damit nicht einseitig anordnen. Die Nutzung der privaten Geräte des Arbeitnehmers ist nur mit dessen Zustimmung möglich. Stellt der Arbeitnehmer sein Privateigentum für dienstliche Zwecke zur Verfügung, kann er nach § 670 BGB einen angemessenen Aufwendungsersatz verlangen. 

Kann mich der Arbeitgeber zwingen, vom Home-Office ins Büro zurückzukehren?

Dies hängt von den Vereinbarungen der Parteien zum Home-Office ab. Grundsätzlich aber gilt: Ebenso wenig wie der Arbeitgeber die Arbeit im Home-Office einseitig anordnen darf, darf er eine Vereinbarung zum Homeoffice ohne entsprechende Grundlage einfach wieder beenden. Er muss sich bei einer getroffenen Vereinbarung nach den Regelungen richten, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – zum Beispiel in einer Betriebsvereinbarung – hierzu festgehalten worden sind.

Bettina Kunst

Fachanwältin für Arbeitsrecht *

Rechtsanwältin Bettina Kunst spezialisierte sich bereits während ihres Studiums in Erlangen und Regensburg auf das Arbeitsrecht. Nach ihrem Referendariat in Nürnberg war Rechtsanwältin Kunst zunächst für mehrere Jahre im öffentlichen Dienst mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht tätig, bevor sie nach mehrjähriger Tätigkeit als Justiziarin im internationalen Kunsthandel, als Rechtsanwältin in eine arbeitsrechtlich ausgerichtete Kanzlei wechselte.

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