Betriebsänderung – Sozialplan Null

Betriebsänderung – Sozialplan Null
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Betriebsräte sollten bei den Verhandlungen eines Sozialplans nicht vorschnell handeln: Ein Sozialplan muss Leistungen enthalten, die die Nachteile einer Betriebsänderung spürbar mildern. Ein Sozialplan „Null“ tut dies nicht. Betriebsräte sollten sich daher bei Verhandlungen mit dem Arbeitgeber nicht unbedacht von „erheblichen Bedenken gegen die wirtschaftliche Vertretbarkeit“ täuschen lassen – hier ist das Interesse am Nachteilsausgleich der Arbeitnehmer in den Vordergrund zu stellen.

Was ist ein Sozialplan?

Den Begriff des „Sozialplans“ hört man meistens im Zusammenhang mit dem sog. „Interessenausgleich“. Beide Vereinbarungen regeln jedoch völlig unterschiedliche Sachverhalte. Der Interessenausgleich regelt das „Ob, Wann und Wie“ einer Betriebsänderung. Der Sozialplan hingegen soll gem. § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG die wirtschaftlichen Nachteile ausgleichen oder zumindest abmildern, die den Arbeitnehmern wegen der Betriebsänderung entstehen.

Wann muss es einen Sozialplan geben?

Wenn ein Betriebsrat existiert, kann er grundsätzlich bei jeder Betriebsänderung, die Nachteile für die Belegschaft mit sich bringt, einen Sozialplan verlangen und diesen auch über die Einigungsstelle erzwingen. Ausnahmen dazu finden sich im Gesetz – siehe §§ 112, 112a BetrVG.

Wie hoch müssen Sozialplanleistungen sein?

Eine pauschale Obergrenze sieht das Gesetz für Sozialplanleistungen nicht vor. Es müssen aber solche Leistungen vereinbart werden, die für die betroffenen Arbeitnehmer auch wirklich eine spürbare Milderung der Nachteile aus der Betriebsänderung bedeuten. Kommt es beispielsweise bei der Betriebsänderung zu Kündigungen, sollte der Sozialplan stets deutliche finanzielle Kompensationen – beispielsweise in Form von Abfindungen – für die betroffenen Arbeitnehmer beinhalten. Zusätzlich sollten außerdem weitere Leistungen vereinbart werden, die speziell auf die Situation der belasteten Arbeitnehmer zugeschnitten sind, z.B. die Finanzierung von Fortbildungsmaßnahmen.

Darf der Sozialplan „leer“ sein, also keinerlei Leistungen beinhalten?

Nein! So entschied zuletzt das LAG Hamm mit Beschluss vom 26.10.2021 – 7 TaBV 19/21. In der Entscheidung gab die Arbeitgeberseite unter anderem an, dass das Unternehmen keinerlei finanzielle Sozialplanleistungen zur Verfügung stellen könne. Da dieser Fall in der Praxis nicht selten vorkommt, wird arbeitgeberseitig formal ein „leerer“ Sozialplan vorgeschlagen.

Ein solcher Sozialplan wird als „Sozialplan Null“ oder auch als „undotierter“ Sozialplan bezeichnet. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber den Sozialplan zwar abschließen, jedoch keine wirklichen finanziellen Kompensationen für die Arbeitnehmer aufnehmen möchte.

Achtung! Hier sollten Betriebsräte aufpassen, denn pauschal sollten sie sich von angeblichen „erheblichen Bedenken gegen die wirtschaftliche Vertretbarkeit“ für das Unternehmen nicht dazu hinreißen lassen, einen unterdotierten Sozialplan mit sehr geringen finanziellen Sozialplanleistungen oder gar keinen Sozialplanleistungen abzuschließen. Ein solcher Sozialplan stellt nach der Entscheidung des LAG Hamm „bereits tatbestandlich keinen Sozialplan i.S.d. § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG dar und ist daher mit der vom Gesetzgeber in § 112 Abs. 4 BetrVG festgeschriebenen Erzwingbarkeit von Sozialplänen nicht vereinbar.“

Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) geht bei den Sozialplanleistungen sehr weit und lässt es beispielsweise nicht genügen, dass sich ein Unternehmen (bereits) in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, denn Arbeitgeber müssen grundsätzlich rechtzeitig vorsorgen, z. B. in Form von Restrukturierungsrückstellungen.

Fazit: Bei den Verhandlungen nicht vorschnell nachgeben!

Betriebsräte sollten bei den Verhandlungen zum Sozialplan auf keinen Fall vorschnell handeln, denn in der Praxis gilt: Wer die Betriebsänderung beschließt, muss auch die daraus erwachsenden Nachteile ausgleichen – und das ist der Arbeitgeber. Die Sozialplanleistungen müssen dabei eine wirklich spürbare Erleichterung für die betroffenen Arbeitnehmer darstellen.

Jan Ottmann

Rechtsanwalt und Partner

Rechtsanwalt Jan Ottmann ist Ansprechpartner für Mandanten im Kollektiv- und Individualarbeitsrecht.

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