BAG: Beleidigende Aussagen über Vorgesetzte und Betriebsangehörige in privater Chat-Gruppe – Kündigungsgrund
Zum Sachverhalt: Von der WhatsApp-Gruppe zur Kündigung
Ein Mitarbeiter war mit fünf anderen Arbeitnehmern, mit denen er langjährig befreundet war, in einer privaten WhatsApp Chat-Gruppe. In dieser äußerte er sich in beleidigender, fremdenfeindlicher, sexistischer und menschenverachtender Weise über Vorgesetzte und Kolleg*innen und rief teilweise zur Gewalt gegen diese auf.
Der Personalleiter der Arbeitgeberin bekam Kenntnis vom Chat-Verlauf, hörte den Arbeitnehmer an und kündigte ihm außerordentlich. Hiergegen erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage.
Die gesetzliche Lage: Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung
Die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung sind in § 626 BGB geregelt. Hiernach kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers, seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten, stellen eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann.
Problem: Vertrauliche Kommunikation?
Handelte es sich bei den Äußerungen des Klägers in der Chat-Gruppe um vertrauliche Kommunikation, bei welcher der Mitarbeiter darauf vertrauen durfte, dass sie nicht nach außen gelangen würde? Wäre dies der Fall, hätten sie nicht als wichtiger Grund herangezogen werden dürfen.
Dies war laut BAG nicht der Fall. Hierfür seien zu viele Mitglieder in der Chat-Gruppe gewesen. Zwar war der Kläger nicht der einzige in der Gruppe, welcher beleidigende Äußerungen tätigte, allerdings beteiligten sich nicht alle Chat-Mitglieder an diesen Äußerungen. Drei beteiligten sich stellenweise überhaupt nicht am Chat. Letztlich sinke bei Äußerungen, die in besonderer Weise menschenverachtend sind, die Erwartung, dass diese nicht an Dritte weitergeleitet werden, so das BAG.
Signalwirkung des Urteils: Ehrverletzende Äußerungen
Das BAG konkretisiert und verschärft seine aufgestellten Maßstäbe, nach denen ehrverletzende Äußerungen über Kolleg*innen und Vorgesetzten einer berechtigten Vertraulichkeitserwartung unterliegen. Eine solche kann umso weniger angenommen werden, je heftiger die ehrverletzenden Äußerungen sind und wenn diese gegenüber mehreren Personen getätigt werden.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.08.2023 – 2 AZR 17/23