AU-Bescheinigung per Videosprechstunde auch nach Corona weiter zulässig?

AU-Bescheinigung per Videosprechstunde auch nach Corona weiter zulässig?
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In der Pandemie gelten auch bei der Krankschreibung temporäre Ausnahmen von der Regel. Um die Infektionsgefahr einzuschränken können sich Patienten per Telefon- oder Videosprechstunde ein Attest beim Arzt holen. Dies soll laut Gesetzesentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn auch nach der Corona-Pandemie weiterhin möglich sein. 

Durch den digitalen Arztbesuch soll gerade bei „leicht gelagerten Erkrankungsfällen“ eine Ansteckung mit schwerwiegenderen Symptomen durch andere Patienten im Wartezimmer vermieden werden. 

Bereits seit Juli 2020 besteht die Möglichkeit eine AU-Bescheinigung für maximal sieben Tage auch per Videosprechstunde zu bekommen; vorausgesetzt der Patient ist der Arztpraxis bereits bekannt und die jeweilige Erkrankung lässt eine solche Untersuchung per Videoschalte zu. Eine Folgebescheinigung nach Ablauf der sieben Tage gibt es hingegen derzeit nur, wenn die Erstbescheinigung nach persönlicher Untersuchung ausgestellt worden war.

Geht es nach Jens Spahn, soll es künftig dauerhaft möglich sein, „dass eine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit in geeigneten Fällen auch im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung ohne vorherige Präsenzbehandlung ermöglicht wird.“ 

Konsequenz: Eine Krankschreibung und deren Verlängerung wären bei eindeutigem Krankheitsbild zukünftig auch komplett ohne persönlichen Kontakt möglich. Einen generellen Anspruch auf ärztliche Untersuchung per Videokonferenz wird es aber – wie bisher – auch im neuen Gesetz nicht geben. Dem behandelnden Arzt verbleibt in jedem Fall ein Beurteilungsspielraum.

Auch bleiben die Vorgaben des Entgeltfortzahlungsgesetz, insbesondere die Anzeige- und Nachweispflichten des § 5 EFZG unberührt. Arbeitnehmer sind damit weiterhin verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer auch zukünftig eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung auch früher zu verlangen.

AU-Bescheinigungen kommt nach ständiger BAG-Rechtsprechung ein nahezu unerschütterlicher Beweiswert für die tatsächliche Erkrankung des Patienten zu. Ob dieser auch für Video-AUs gilt, wird die Praxis – gerade in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten vor Gericht – zeigen. 

Kabinett und Bundestag müssen dem Referentenentwurf zum Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (kurz DVPMG) noch zustimmen. Das Gesetz soll Mitte 2021 in Kraft treten.