Arbeitsprovision in Kryptowährung? Das BAG zeigt, wie es geht!

Arbeitsprovision in Kryptowährung? Das BAG zeigt, wie es geht!
© Jonathan Borba - unsplash.com

Die Arbeitswelt wird digitaler und damit entwickeln sich auch Gehaltsmodelle weiter. Kryptowährungen sind nun seit mehreren Jahren in aller Munde. Dass Lohnauszahlungen direkt in ein digitales Wallet möglich sind, zeigt das aktuelle Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 16. April 2025 (Az. 10 AZR 80/24). Provisionen dürfen grundsätzlich auch in Kryptowährungen wie Ether (ETH) ausgezahlt werden. Dies geht allerdings nicht, ohne klare gesetzliche Grenzen einzuhalten. Für mindestens den unpfändbaren Teil des Arbeitseinkommens gilt weiterhin: »Nur Bares ist Wahres«.

Der Fall: Provisionsermittlung in Euro, Auszahlung in ETH

Die Klägerin war seit dem 1. Juni 2019 bei der Beklagten, einem auf Kryptowährungen spezialisierten Unternehmen, angestellt – zunächst in Teilzeit (monatlich 960 € brutto), ab April 2020 dann in Vollzeit mit einem Monatsgehalt von 2.400 € brutto. Zusätzlich war es arbeitsvertraglich geregelt, dass sie – jedenfalls bis zum 31. März 2020 – einen Provisionsanspruch auf Basis der monatlichen Geschäftsabschlüsse hatte. Die Besonderheit: Die Provision wurde zunächst in Euro berechnet, dann aber zum Fälligkeitszeitpunkt in ETH zum aktuellen Wechselkurs ausgezahlt.

Trotz mehrfacher Aufforderung der Klägerin, die auch ein geeignetes Wallet rechtzeitig bereitstellte, erfolgte bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.12.2021 jedoch nie die Übertragung von ETH. Schließlich zahlte die Arbeitgeberin einen Teil der Provision als Euro aus (insgesamt 15.166,16 € brutto). Mit ihrer Klage verlangte die Arbeitnehmerin weitere Provisionen in Höhe von konkret 19,194 ETH für Februar und März 2020.

Die Argumente im Rechtsstreit:

  • Arbeitgeberin: Die Arbeitgeberseite sah in der ausgezahlten Euro-Provision die Erfüllung aller Ansprüche. Außerdem, so ihr Argument, verlange § 107 Abs. 1 Gewerbeordnung (GewO) zwingend die Auszahlung in Euro, Kryptowährung sei nicht zulässig.
  • Arbeitnehmerin: Die Klägerin hielt dagegen, dass die vertraglich vereinbarte Entlohnungsform maßgeblich sei. Sie forderte Zahlung in ETH gemäß der arbeitsvertraglichen Regelung.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: Kryptowährung als Sachbezug möglich

Das BAG bestätigte: Ungewöhnliche, aber zulässige Entlohnungsmodelle sind unter bestimmten Bedingungen im Arbeitsrecht möglich. Zwar sei eine Kryptowährung wie ETH ausdrücklich kein Geld im Sinne von § 107 Abs. 1 GewO, doch lasse das Gesetz gemäß § 107 Abs. 2 GewO ausdrücklich sogenannte Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts zu. Voraussetzung: Diese Form der Vergütung liegt im objektiven Interesse des Arbeitnehmers.

Sachbezug – was heißt das konkret?

Kryptowährungen gelten juristisch als Sache, nicht als gesetzliches Zahlungsmittel. Sie können jedoch arbeitsvertraglich als Sachbezug vereinbart werden. Ist dies – wie hier – hinreichend klar geregelt und vorteilhaft für den Arbeitnehmer (etwa durch mögliche Kursgewinne und Flexibilitätsvorteile), spricht nach Auffassung des BAG nichts gegen eine teilweise Auszahlung in digitaler Währung.

Wichtige Einschränkung: Existenzsicherung bleibt Euro-Sache

Eine zentrale arbeitsrechtliche Schutzvorschrift bleibt jedoch unangetastet: Mindestens der pfändungsfreie Betrag (§ 850c ZPO) des Arbeitslohns muss immer in „echtem“ Geld, also Euro, ausgezahlt werden. So will das Gesetz sicherstellen, dass die Arbeitnehmer*innen ihre laufenden Lebenshaltungskosten decken können, ohne auf einen Umtausch oder gar den Gang zum Sozialamt angewiesen zu sein. Übersteigt die vereinbarte Krypto-Provision den Wert des pfändbaren Arbeitsentgeltteils, ist diese Vereinbarung insoweit nichtig. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber den Differenzbetrag in Euro auszahlen muss.

Teilbarkeit als Vorteil:

Da Kryptowährungen wie ETH beliebig teilbar sind, kann der auszuzahlende Betrag exakt aufgeteilt werden.

  • Bis zur Pfändungsfreigrenze in Euro
  • Darüber hinaus in Kryptowährung

Der Fehler in der Vorinstanz und die Konsequenz

Das Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht hatten der Klägerin in den Vorinstanzen jeweils Recht gegeben. Das BAG hob die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts jedoch auf, weil dieses den pfändbaren Einkommensanteil fehlerhaft berechnet hatte. Die Wertgrenze der Sachbezüge wurde nicht korrekt berücksichtigt. Die Angelegenheit ging deshalb zur erneuten Entscheidung zurück an das LAG Baden-Württemberg.

Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte nie vergessen!

Vergütung in Kryptowährungen bleibt lohnsteuer- und beitragspflichtig. Die Bewertung der Krypto-Vergütung verkompliziert die Lohnabrechnung schon durch die Kursschwankungen, die Kryptowährungen teils erleben. Eine enge Abstimmung mit Lohnbüro, Steuerberatung und ggf. Finanzverwaltung ist deshalb ratsam.

Innovative Vergütungsmodelle – Aber der Arbeitnehmerschutz bleibt oberstes Gebot

Das BAG-Urteil bringt Fortschritt und Flexibilität ins Arbeitsrecht, indem es die Auszahlung von Provisionen in Kryptowährungen grundsätzlich ermöglicht. Trotzdem betont es zugleich unmissverständlich: Der Schutz der Arbeitnehmer*innen steht im Mittelpunkt.

Zentrale Schutzmechanismen bleiben gewahrt:

  • Mindestens der unpfändbare Teil des Gehalts – und damit die existenzielle Lebensgrundlage – muss immer in Euro ausgezahlt werden. So bleibt sichergestellt, dass Arbeitnehmer*innen ihren Lebensunterhalt zuverlässig bestreiten können, unabhängig von Kursschwankungen digitaler Währungen.
  • Die Umwandlung von Lohnteilen in Krypto ist nur erlaubt, wenn dies objektiv im Interesse der Arbeitnehmer*innen liegt und nicht zu Nachteilen führt. Damit schützt das BAG vor einseitigen Arbeitgebervorgaben und sichert das Recht auf eine angemessene und vorteilhafte Vergütungsform.
  • Mindestlohn, Pfändungsschutz sowie die notwendige Vertragstransparenz bleiben unverzichtbare Mindeststandards. Ebenso betont das Urteil, dass lohn- und sozialversicherungsrechtliche Vorgaben nicht unterlaufen werden dürfen.

Fazit

Kryptowährungen als Vergütungsbestandteil eröffnen neue Wege, dürfen aber keinesfalls den sozialen Absicherungsanspruch und die finanzielle Sicherheit von Arbeitnehmer*innen gefährden. Nur wenn klare Schutzmechanismen, Transparenz und faire Rahmenbedingungen gegeben sind, können beide Seiten von innovativen Vergütungsmodellen profitieren. Arbeitgeber sind gut beraten, bei Krypto-Entlohnungen nicht nur Chancen, sondern vor allem die arbeitsrechtlichen Sicherungspflichten konsequent im Blick zu behalten.