Konfessionslose Bewerber: Entschädigung für pauschale Ablehnung durch die Kirche

Konfessionslose Bewerber: Entschädigung für pauschale Ablehnung durch die Kirche
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Erneut ein Umbruch im Arbeitsrecht der Kirchen: Kirchliche Arbeitgeber dürfen in ihren Stellungsausschreibungen grundsätzlich nicht die Zugehörigkeit zu ihrer Kirche fordern. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Religionszugehörigkeit essentiell für die Tätigkeit ist und daher eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.

Wird ein konfessionsloser Bewerber allein aufgrund seiner fehlenden Religionszugehörigkeit abgelehnt, so steht ihm eine Entschädigung zu.

Dies entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 25.10.2018.

Zum Sachverhalt: Konfessionslose Bewerberin wird abgelehnt

Im zu entscheidenden Fall hatte ein kirchlicher Arbeitgeber eine auf zwei Jahre befristete Stelle eines Referenten ausgeschrieben. Dabei forderte er die Angabe der Konfession im Lebenslauf. Inhaltlich sollte der Referent einen Parallelbericht zum Thema Anti-Rassismus ausarbeiten und mit Menschenrechtsorganisationen zusammenarbeiten.

Die konfessionslose Klägerin bewarb sich auf die Stelle, wurde aber nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Stattdessen besetzte die Kirche die Stelle mit einem evangelischen Bewerber. Daraufhin verlangte die Klägerin Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Sie habe die Stelle allein aufgrund ihrer Konfessionslosigkeit nicht erhalten. Der kirchliche Arbeitgeber erklärte, eine Benachteiligung wegen der Religion liege nicht vor. Jedenfalls aber sei eine etwaige Benachteiligung gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht gab der Klägerin zunächst Recht und sprach ihr die geforderte Entschädigung zu. Anders das Landesarbeitsgericht, welches die Klage abwies. Nun entschied das Bundesarbeitsgericht.

Zur Entscheidung: Religionszugehörigkeit kann nicht pauschal verlangt werden

Die Richter entschieden, dass der Klägerin eine Entschädigung i.H.v. zwei Bruttomonatsverdiensten zustehe. Sie sei in der Tat wegen ihrer Konfessionslosigkeit benachteiligt worden.

Die Ungleichbehandlung könne auch nicht gem. § 9 Abs. 1 AGG gerechtfertigt werden. Die 1. Variante der Vorschrift sei nicht mit aktuellem EU-Recht zu vereinbaren und dürfe deshalb nicht angewandt werden. Die 2. Variante liege nicht vor. Danach sei eine Ungleichbehandlung nur zulässig, wenn die Religion nach der Art der Tätigkeit oder den Umständen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstelle. Vorliegend sei es für die Tätigkeit als Referentin aber nicht auf die Religion angekommen. Insbesondere weil der Stelleninhaber in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Mitarbeitern handeln müsse, sei ein eigenmächtiges Tätigwerden, das dem Ethos des Arbeitgebers widerspreche, nicht zu befürchten gewesen.

Fazit „Konfessionslose Bewerber“

Anders als häufig geschehen dürfen kirchliche Arbeitgeber in ihren Stellenausschreibungen nicht pauschal die Mitgliedschaft in ihrer Kirche verlangen. Etwas anderes gilt natürlich, wenn die Religion für die Tätigkeit von wesentlicher Bedeutung ist. Ein naheliegendes Beispiel ist der Pfarrer.

Diese Entscheidung ist eine von mehreren, die Sonderrechte der Kirchen im Arbeitsrecht einschränken. Insbesondere europarechtliche Vorgaben waren dafür ausschlaggebend. Zum Beispiel entschied der Europäische Gerichtshof jüngst: Heiratet ein Chefarzt eines katholischen Krankenhauses erneut, kann er nicht allein deshalb gekündigt werden.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Oktober 2018 – 8 AZR 501/14

Jan Ottmann

Rechtsanwalt

Rechtsanwalt Jan Ottmann ist Ansprechpartner für Mandanten im Kollektiv- und Individualarbeitsrecht.

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