Insolvenzarbeitsrecht – Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der Insolvenz

Insolvenzarbeitsrecht – Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der Insolvenz
© Benjamin Child - unsplash.com

Die Coronakrise hinterlässt bereits jetzt schon Spuren bei den Unternehmen. Die Arbeitsgerichte werden derzeit noch nicht von einer Kündigungswelle überrollt. Dies hängt jedoch wohl eher damit zusammen, dass die arbeitsmarkt-politischen Maßnahmen, wie z.B. die Kurzarbeit greifen und dass die dreiwöchige Insolvenzantragspflicht bis zum 30.0.9.2020 ausgesetzt wurde. Es ist zu erwarten, dass es aufgrund der Corona Krise in diesem Jahr noch vermehrt zu Insolvenzen kommen wird.

Bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der Insolvenz, gibt es eine Vielzahl von Vorschriften, die beachtet werden müssen.

Besteht für ein Unternehmen die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), eine drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) oder die Überschuldung (§ 19 InsO), liegt ein Eröffnungsgrund vor und ein Insolvenzantrag muss bei dem Insolvenzgericht gestellt werden, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. In diesem Fall greift eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme, das Insolvenzgeld. Gem. § 165 SGB III übernimmt die Bundesagentur für Arbeit anstelle des Arbeitgebers für die dem Insolvenzereignis vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses die Zahlung des Arbeitsentgelts.

Kündigung während der Insolvenz

Wenn die Geschäftsführung oder der Insolvenzverwalter zu dem Ergebnis kommen, dass Arbeitsverhältnisse aufgrund von betriebsbedingten Gründen nicht mehr fortgesetzt werden können wird in der Regel eine Kündigung ausgesprochen.

Sollte der Arbeitnehmer eine Kündigung zugestellt bekommen ist zunächst zu überprüfen, ob das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, da zu klären ist, ob der Arbeitgeber oder der (vorläufige) Insolvenzverwalter Partei ist. Dies ist deshalb von erheblicher Bedeutung, da mit Eröffnung der Insolvenz der Insolvenzverwalter die Geschäftsführung übernimmt, mit allen Rechten und Pflichten des Arbeitgebers.

Im nächsten Schritt muss überprüft werden, wer die Kündigung unterschrieben hat. Im Zweifel sollte die Kündigung gem. § 174 BGB mit Originalvollmacht zurückgewiesen werden.

Sodann sollte selbstverständlich innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht eingelegt werden.

Auch bezüglich der Kündigungsfrist ergibt sich eine Besonderheit. Gem. § 113 InsO kann sowohl der Insolvenzverwalter als auch der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende kündigen. Dies gilt jedoch erst mit Insolvenzeröffnung. Die Möglichkeit der drei monatigen Kündigungsfrist besteht bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens.

Aufhebungsvertrag während der Insolvenz

Sollte es zu einer einvernehmlichen Beendigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommen, sollte zwingend ein Aufhebungsvertrages geschlossen werden. Bei dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages sind insolvenzrechtliche Schwerpunkte zu berücksichtigen.

Zunächst muss geklärt werden, ob es sich bei den Forderungen, die im Aufhebungsvertrag vereinbart werden, um Masseverbindlichkeiten oder Insolvenzforderungen handelt. Dies ist von erheblicher Bedeutung, denn nur Masseverbindlichkeiten können in dem Aufhebungsvertrag vereinbart werden, da sie Vorrang vor der Insolvenzforderungen haben. Insolvenzforderungen hingegen müssen zur Insolvenztabelle angemeldet werden.

Gegenstand des Aufhebungsvertrages könnte sodann eine unwiderrufliche Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung bis zum Beendigungszeitpunkt sein. Bei der Zahlung der monatlichen Vergütung handelt es sich unstreitig um eine Masseverbindlichkeit gem. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO.

Wird eine Abfindung in dem Aufhebungsvertrag vereinbart kommt es darauf an, ob die Abfindungszahlung vor der Eröffnung oder nach der Eröffnung der Insolvenz vereinbart wurde. Ist die Abfindungszahlung vor der Insolvenzeröffnung vereinbart, handelt es sich um eine Insolvenzforderung. Wird hingegen mit dem Insolvenzverwalter eine Abfindung vereinbart, handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit. Dies gilt auch für den gesetzlichen Abfindungsanspruch nach § 1a KschG ebenso bei Abfindungen nach einem Auflösungsurteil § 9, 10 KschG.

Eine Besonderheit besteht für Bonusansprüche. Auch hier ist es von erheblicher Bedeutung wann der Anspruch auf die Bonuszahlung entstanden ist, um festzustellen, ob es sich um eine Insolvenzforderung oder eine Masseverbindlichkeit handelt. Im Wesentlichen kommt es darauf an, auf welchen Zeitraum die Beteiligung entfällt bzw. sich bezieht. Auch wenn die Bonuszahlung erst nach dem Bezugsjahr fällig wird, entsteht der Anspruch regelmäßig während des Bezugsjahrs. Ist sie vor Eröffnung der Insolvenz entstanden handelt es sich um eine Insolvenzforderung. Entsteht der Anspruch hingegen während des Insolvenzverfahrens handelt es sich um Masseverbindlichkeit.

Auch wenn dem Arbeitnehmer ein Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Zielvereinbarung zusteht, ist dieser Schadensersatzanspruch keine Masseverbindlichkeit, sondern eine Insolvenzforderung.

Selbstverständlich hat der Arbeitnehmer auch in der Insolvenz einen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses. Der Insolvenzverwalter erstellt und unterzeichnet das Arbeitszeugnis. Da der Insolvenzverwalter in der Regel keine Kenntnisse über die vergangene Leistung des Arbeitnehmers hat, gewährt der Gesetzgeber dem Insolvenzverwalter gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber (Schuldner) ein Auskunftsanspruche gem. § 97 InsO.

Kollektivrecht in der Insolvenz

Auch im Kollektivrecht gibt es insolvenzrechtliche Besonderheiten. So können Betriebsvereinbarungen gem. § 120 InsO unter gewissen Voraussetzungen mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden, auch wenn eine längere Frist vereinbart wurde. Bei schleppenden Verhandlungen zur Betriebsänderung (§ 111 BetrVG) kann der Insolvenzverwalter sofort gem. § 122 InsO das Arbeitsgericht anrufen, ohne in die Einigungsstelle gehen zu müssen.

Ferner ist der Nachteilausgleich gem. § 113 BetrVG ebenfalls Masseverbindlichkeit. Dies gilt wiederum nicht, wenn die Betriebsänderung gem. § 111 BetrVG vor Eröffnung der Insolvenz durchgeführt wird. Die Ansprüche auf Nachteilsausgleich sind dann nur Insolvenzforderungen. Dies ist selbst dann der Fall, wenn die ausgesprochenen Kündigungen mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters erfolgten.

Es gibt besondere Vorschriften, die im Insolvenzarbeitsrecht beachtet werden müssen.