Einsichtsrecht des Betriebsrats: Arbeitgeber muss Lohn- und Gehaltslisten mit Namen vorlegen

Einsichtsrecht des Betriebsrats:  Arbeitgeber muss Lohn- und Gehaltslisten mit Namen vorlegen
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Der Betriebsrat hat ein umfassendes Einsichtsrecht hinsichtlich der Lohn- und Gehaltslisten der Mitarbeiter. Die Vorlage anonymisierter Listen ohne Nennung der Namen durch die Arbeitgeberin ist nicht ausreichend.

Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen am 22. Oktober 2018 entschieden.

Betriebsrat wurde nur Einsicht in anonymisierte Listen gewährt

Im vorliegenden Fall forderte der Betriebsrat von der Arbeitgeberin die regelmäßige Einsicht in die Lohn- und Gehaltslisten der Mitarbeiter. Dieses Einsichtsrecht steht dem Betriebsrat gemäß § 80 Abs. 2 2. Halbsatz BetrVG zu. Die Arbeitgeberin hielt die Vorlage einer anonymisierten Liste ohne die Angabe von Namen für ausreichend.

Als Begründung nannte die Arbeitgeberin datenschutzrechtliche Vorgaben sowie das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Arbeitgeberin behauptete, dass der Betriebsrat die Vorlage der Liste unter Nennung der Namen erst verlangen könne, wenn er Unregelmäßigkeiten feststellt. Auch das im Jahr 2017 in Kraft getretene Entgelttransparenzgesetz führte die Arbeitgeberin an.

Das Arbeitsgericht sah das anders und verpflichtete die Arbeitgeberin dazu, einem vom Betriebsrat zu bestimmenden Mitglied des Betriebsrats Einsicht in die Listen mit Namen zu gewähren. Auch das LAG gab dem Betriebsrat Recht. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) wurde zugelassen. Es ist zu erwarten, dass die Entscheidung des LAG bestätigt werden wird.

Die Entscheidung: Einsichtsrecht des Betriebsrats umfasst Nennung der Namen

Das LAG hat entschieden, dass das Einsichtsrecht des Betriebsrats nicht bereits durch die Vorlage einer anonymisierten Liste erfüllt ist. Das stellt keine Verletzung datenschutzrechtlicher Vorschriften dar, da die Liste der Aufgabenerfüllung des Betriebsrats dient. Eine dieser Aufgaben ist nämlich die Überwachung der allgemeinen Gleichbehandlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine solche Ungleichbehandlung liegt beispielsweise vor, wenn eine Sonderzahlung gewährt wird, obwohl die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die dafür aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt. Das kann nur bei einer Zuordnung der Vergütung zu den einzelnen Namen festgestellt werden.

Der neu geregelte anonyme Auskunftsanspruch des Entgelttransparenzgesetzes führt nicht zu einer anderen Bewertung und berührt das Einsichtsrecht des Betriebsrates nicht. Dabei geht es nur um einen Auskunftsanspruch der einzelnen Arbeitnehmerin und des einzelnen Arbeitnehmers. Diese bzw. dieser kann die Auskunft über das Entgelt von Beschäftigten des anderen Geschlechts mit vergleichbarer Tätigkeit nur ohne die Nennung von Namen verlangen.

Marc-Oliver Schulze

Fachanwalt für Arbeitsrecht und Datenschutzexperte

Rechtsanwalt Marc-Oliver Schulze unterstützt Betriebsräte, Gesamtbetriebsräte und Konzernbetriebsräte deutschlandweit, u.a. bei Interessenausgleich- und Sozialplanverhandlungen (auch in der Insolvenz), in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, in der Einigungsstelle und bei der Erstellung von Betriebsvereinbarungen.

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