Corona-Testpflicht im Betrieb – Das müssen Arbeitnehmer wissen!

Corona-Testpflicht im Betrieb – Das müssen Arbeitnehmer wissen!
© Elchinator - pixabay.com

Corona hält uns weiter fest im Griff. Das Bundesarbeitsministerium ist höchst aktiv. Arbeitgeber sind mittlerweile verpflichtet, ihren Beschäftigten Corona-Tests zur Verfügung zu stellen. Hier stellen sich diverse Fragen, etwa was der Arbeitnehmer machen kann, wenn der Arbeitgeber sich weigert. Und auf der anderen Seite, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer verpflichten kann, einen Test durchzuführen.

Die Arbeitsschutzregelungen der Corona-Arbeitsschutzverordnung wurden um neue Bestimmungen zu regelmäßigen betrieblichen Angeboten für Corona-Tests ergänzt. Die Geltungsdauer der Verordnung wurde bis einschließlich zum 30.06.2021 verlängert.

Die wesentlichen Bestimmungen sind nunmehr: 

  • Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern. 
  • Arbeitgeber müssen Flüssigseife und Handtuchspender in Sanitärräumen bereitstellen. 
  • Regelmäßiges Lüften muss gewährleistet sein. 
  • Arbeitgeber sind verpflichtet, Home-Office anzubieten. 
  • Werden Räume von mehreren Personen gleichzeitig genutzt, müssen pro Person zehn Quadratmeter zur Verfügung stehen. 
  • In Betrieben ab zehn Beschäftigten müssen diese in möglichst kleine feste Arbeitsgruppen eingeteilt werden. 
  • Arbeitgeber müssen mindestens medizinische Gesichtsmasken (Mund-Nasen-Schutz) zur Verfügung stellen. 
  • Arbeitgeber müssen allen Beschäftigten, die nicht ausschließlich in ihrer Wohnung arbeiten, mindestens einmal wöchentlich einen Corona-Test anbieten. Wenn Beschäftigte bei ihren Tätigkeiten einem besonderen Infektionsrisiko ausgesetzt sind, haben sie sogar Anspruch auf mindestens zweimal wöchentliche Testung.
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Was können Arbeitnehmer tun, wenn ihr Arbeitgeber ihnen keine Tests zur Verfügung stellt?

Wenn der Arbeitgeber keinen Test zur Verfügung stellt, kann sich der Arbeitnehmer die Tests selbst – etwa in der Apotheke – besorgen und sich die Kosten im Nachhinein vom Arbeitgeber erstatten lassen. Es kann durchaus überlegt werden, ob der Arbeitnehmer in einem solchen Fall seinem Arbeitsplatz fernbleiben kann. Denn der Arbeitgeber verstößt hier gegen die Vorschriften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Ob das am Ende des Tages ein Arbeitsgericht ebenso sehen würde, ist schwer einzuschätzen. Von daher sollte man sich das tatsächlich gut überlegen, ob man hier eine Abmahnung oder am Ende des Tages sogar eine Kündigung riskieren möchte. Diese wäre zwar ggf. rechtsunwirksam, es müsste aber ein arbeitsgerichtliches Verfahren geführt werden. Ganz wichtig: Klageerhebung innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung!

Unser AfA-Rechtsanwalt Marc-Oliver Schulze hat zu dieser Frage im Interview mit nordbayern seine Einschätzung abgegeben. Den ganzen Artikel können Sie hier nachlesen: 

https://www.nordbayern.de/wirtschaft/neue-testangebotspflicht-es-hagelt-kritik-aus-der-wirtschaft-1.10996534

Was kann ein Arbeitnehmer tun, wenn er das Gefühl hat, dass in seinem Unternehmen die vorgesehenen Corona-Schutzmaßnahmen nicht oder nur sehr unzureichend umgesetzt werden? 

Grundsätzlich sollte immer zunächst der Arbeitgeber selbst – etwa in Gestalt des Vorgesetzten oder der Fachkraft für Arbeitssicherheit – um Abhilfe gebeten werden. Zugleich sollte natürlich – soweit vorhanden – der Betriebsrat ins Boot geholt werden. Erst wenn all das nicht fruchtet, kann und sollte die zuständige Arbeitsschutzbehörde, in der Regel das Gewerbeaufsichtsamt oder das Landesamt für Arbeitsschutz, eingeschaltet werden. 

Bin ich auf der anderen Seite als Arbeitnehmer verpflichtet, mich testen zu lassen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt?

Grundsätzlich ist auch eine Testung, selbst wenn sie als Selbsttest erfolgt, ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, sodass der Arbeitgeber dies nicht ohne Weiteres von seinen Beschäftigten verlangen kann. Auf der anderen Seite aber hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht auch gegenüber seinen anderen Beschäftigten, sodass es durchaus einen sachlichen Grund dafür geben kann, dass der Arbeitgeber zu Recht von seinen Beschäftigten verlangt, dass sie sich vor Aufnahme ihrer Tätigkeit einem Test unterziehen. Ob ein solches Verlangen allerdings auch dann noch verhältnismäßig ist, wenn keine Gefahr droht, also der Beschäftigte etwa ohnehin keinen oder kaum Kontakt mit anderen und wenn dann nur im Freien und mit Abstand hat, ist sicherlich fraglich. 

Was ist, wenn der Betriebsrat im Rahmen einer Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber vereinbart hat, unter welchen Voraussetzungen eine Corona-Testung verpflichtend ist?

Das Arbeitsgericht Offenbach hatte gerade im Rahmen eines Eilverfahrens darüber zu entscheiden, ob ein Arbeitnehmer sich zu Recht weigerte, einen Corona-PCR-Test durchzuführen. Hier hatte der Arbeitgeber zusammen mit dem Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung die Voraussetzungen und Modalitäten eines Corona-PCR-Tests für die Beschäftigten geregelt. Der Arbeitnehmer beantragte im Eilverfahren, den Betrieb auch ohne Test betreten zu dürfen, um seine Tätigkeit auszuüben. Aus seiner Sicht ist der vorgeschriebene Test unverhältnismäßig.

Das Arbeitsgericht Offenbar hat den Eilantrag des Arbeitnehmers zurückgewiesen. Abschließend wird aber erst im Hauptsacheverfahren diese Rechtsfrage geklärt werden. 

Der Arbeitgeber hat einen effektiven Infektionsschutz im Betrieb sicherzustellen. Welche Schutzmaßnahmen der Arbeitgeber ergreifen darf und welche dann auch noch verhältnismäßig sind, orientiert sich immer an der aktuellen Gefährdungslage im Einzelfall. In jedem Falle ist in Betrieben mit Betriebsrat dieser hinzuzuziehen. Trotz abgeschlossener Betriebsvereinbarung wird sich aber die Frage stellen, inwieweit hier Arbeitgeber und Betriebsrat überhaupt in die Rechte des einzelnen Beschäftigten eingreifen können. Auch dies ist ein Abwägungsprozess. Es ist zu erwarten, dass es hier in der nächsten Zeit noch sehr viele, aber wohl auch voneinander abweichende Entscheidungen, geben wir

Marc-Oliver Schulze

Fachanwalt für Arbeitsrecht und Datenschutzexperte

Rechtsanwalt Marc-Oliver Schulze unterstützt Betriebsräte, Gesamtbetriebsräte und Konzernbetriebsräte deutschlandweit, u.a. bei Interessenausgleich- und Sozialplanverhandlungen (auch in der Insolvenz), in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, in der Einigungsstelle und bei der Erstellung von Betriebsvereinbarungen.

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