Betriebsratstätigkeit während Kurzarbeit

Betriebsratstätigkeit während Kurzarbeit

Ein Drittel der deutschen Betriebe befindet sich in Kurzarbeit (Stand 30.04.2020, https://www.tages
schau.de/investigativ/ndr/kurzarbeit-datenrecherche-101.html
). Von dieser rekordverdächtigen Entwicklung sind auch Betriebsräte betroffen. Nicht nur haben sie im Zusammenhang mit der Einführung von Kurzarbeit bei zahlreichen Themen mitzubestimmen; auch die einzelnen Betriebsratsmitglieder können persönlich von der Kurzarbeit betroffen sein.

Arbeitszeit und Vergütung von Betriebsratsmitgliedern

Auch Betriebsratsmitglieder sind Arbeitnehmer. Sie sind daher grundsätzlich zur Arbeitsleistung entsprechend ihrem Arbeitsvertrag verpflichtet. Um dennoch ihrer Mandatstätigkeit nachgehen zu können, sind Betriebsratsmitglieder gem. §§ 37, 38 BetrVG freizustellen. Dementsprechend hat die Betriebsratstätigkeit grundsätzlich während der regulären Arbeitszeit zu erfolgen.

Während der Dauer der Freistellung haben Betriebsratsmitglieder unverändert Anspruch auf ihre vertragsmäßige Vergütung. Es gilt das Lohnausfallprinzip: Das Betriebsratsmitglied erhält (nur) die Vergütung, die es ohne die Betriebsratstätigkeit erhalten hätte. Da die Betriebsratstätigkeit gem. § 37 Abs. 1 BetrVG als Ehrenamt ausgeübt wird, wird sie – über das Arbeitsentgelt hinaus – nicht gesondert vergütet.

Kurzarbeit gilt grundsätzlich auch für Betriebsratsmitglieder

Betriebsratsmitglieder können daher ebenso wie andere Arbeitnehmer von Kurzarbeit betroffen sein. Wird im Betrieb Kurzarbeit eingeführt, gilt dies auch für Betriebsratsmitglieder, die den von der Kurzarbeit betroffenen Bereichen angehören. Ob ein Betriebsratsmitglied voll oder nur teilweise freigestellt ist, spielt dabei keine Rolle. Mit der Kurzarbeit reduziert sich die Arbeitszeit des Betriebsratsmitglieds und damit auch dessen Vergütungsanspruch. Als teilweisen Ausgleich für die Verdienstminderung erhalten Betriebsratsmitglieder – wie andere Arbeitnehmer auch – Kurzarbeitergeld.

Arbeiten Betriebsratsmitglieder wirklich kürzer?

Ein gewichtiger Unterschied zu anderen Arbeitnehmern besteht jedoch: Für Betriebsratsmitglieder verringert sich der Arbeitsanfall während der Kurzarbeit regelmäßig nicht, sondern erhöht sich zumeist sogar erheblich. Im Zusammenhang mit der Einführung von Kurzarbeit bestehen zahlreiche Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. So sind z. B. Betriebsvereinbarungen zur (Verlängerung der) Kurzarbeit oder zur Anordnung von Betriebsferien zu verhandeln und abzuschließen. Die wirtschaftliche Krise, die zur Einführung von Kurzarbeit geführt hat, bringt zudem weiteren Regelungsbedarf auf betrieblicher Ebene mit sich. Besonders der Wirtschaftsausschuss ist gefordert, um auf die Kurzarbeit möglichst keinen Personalabbau folgen zu lassen. Nicht selten geht die Einführung von Kurzarbeit zudem mit Umstrukturierungen einher, für die der Betriebsrat einen Interessenausglich und ggf. Sozialplan verhandeln muss. Beruht die wirtschaftliche Schieflage zudem auf einer außergewöhnlichen Situation wie der COVID-19-Pandemie, steigen die Anforderungen an die Betriebsratsarbeit angesichts der umfassenden Mitbestimmung im Rahmen des Gesundheitsschutzes nochmals.

Dies alles führt regelmäßig dazu, dass die erforderliche Betriebsratsarbeit nicht mehr innerhalb der durch die Kurzarbeit verringerten Arbeitszeit erbracht werden kann. Besonders problematisch ist dies bei der Einführung von „Kurzarbeit Null“. Das Bundesarbeitsgericht ist insoweit jedoch rigoros: Die tatsächlich geleistete Betriebsratsarbeit ist auch bei Kurzarbeit nicht zu vergüten. Vielmehr erhalten Betriebsratsmitglieder aufgrund des Lohnausfallprinzips – wie andere Arbeitnehmer auch – lediglich ihren der verkürzten Arbeitszeit entsprechenden Lohn zzgl. Kurzarbeitergeld und etwaige vom Arbeitgeber gezahlte Aufstockungsbeträge.

Erst wenn der Betriebsrat aus betriebsbedingten Gründen länger als die – ohne Kurzarbeit geltende – volle betriebsübliche Arbeitszeit tätig ist, besteht ein Anspruch auf Freizeitausgleich bzw. finanzielle Abgeltung gem. § 37 Abs. 3 BetrVG.

Handlungsempfehlung

Für die Betriebsratsmitglieder führt die Einführung von Kurzarbeit damit regelmäßig zu besonderen persönlichen Härten. Während sich ihre Vergütung aufgrund des Entgeltausfallprinzips reduziert, sind sie in der Krisensituation besonders gefordert.

In der Betriebsvereinbarung zur Einführung der Kurzarbeit sollte darauf geachtet werden, dass der Betriebsrat von der Kurzarbeit entweder komplett ausgenommen wird oder eine Reduzierung nur im Hinblick auf die arbeitsvertraglich geschuldete „normale“ Arbeitsleistung erfolgt. Die Betriebsratsmitglieder behalten damit dann ihren vollen Lohnanspruch zumindest für die BR-Tätigkeit.

Eine solche Regelung führt nicht zu einer durch § 78 S. 2 BetrVG untersagten Begünstigung der Betriebsratsmitglieder, da der Betriebsrat die ihm übertragenen Aufgaben trotz – oder gerade wegen – der Kurzarbeit weiterhin vollumfänglich ausübt.