Abfindung

Marc-Oliver Schulze
Marc-Oliver Schulze
Fachanwalt für Arbeitsrecht und Datenschutzexperte
Aktualisiert am: 18. Dezember 2023
Lesedauer: ca. 6 min

Das Wichtigste zur Abfindung in Kürze

  • Grundsätzlich: Eine Abfindung ist ein einmaliger finanzieller Ausgleich nach Kündigung eines Arbeitsverhältnisses.
  • Wichtig: Einen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung gibt es in Deutschland nicht.
  • Tipp: Die Höhe der Zahlung ist reine Verhandlungssache. Die Erfahrung und Autorität eines Fachanwalts für Arbeitsrecht sind von großem Vorteil.
Abfindung

Unter Arbeitnehmern hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Arbeitgeber bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses eine Abfindung zahlen müssen. Dem ist in Deutschland aber nicht so. Ein Anspruch entsteht nur in wenigen Ausnahmefällen automatisch. Von diesen abgesehen ist ein finanzieller Ausgleich reine Verhandlungssache.

Eine Abfindung ist eine einmalige Leistung, mit der der Arbeitgeber seinen ehemaligen Arbeitnehmer für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und den damit entstandenen Verlust des Arbeitsplatzes entschädigt.

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Kein genereller Anspruch auf Abfindung

Einen Anspruch auf Abfindung gibt es, wie oben bereits erwähnt, im deutschen Rechtssystem nicht. Es sind jedoch spezielle Konstellationen denkbar, bei denen ein Anspruch entsteht. Das ist zum Beispiel der Fall bei Abfindungsregelungen:

  • nach Sozialplan/Interessenausgleich
  • nach § 1a KSchG
  • durch gerichtlichen Vergleich
  • nach Auflösungsurteil gemäß §§ 9, 10 KSchG

Betriebsvereinbarung

Der Betriebsrat kann zusammen mit dem Arbeitgeber in einer Betriebsvereinbarung schriftlich festhalten, in welchen Fällen einer Kündigung eine Abfindung gezahlt wird. Eine solche Vereinbarung wird von beiden Seiten freiwillig eingegangen und gilt gegenüber den Arbeitnehmern, die unter den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung fallen, unmittelbar und zwingend

Das Gleiche gilt für Abfindungsregelungen in Tarifverträgen – unter der Voraussetzung, dass der Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis des gekündigten Arbeitnehmers Anwendung findet.

Sozialplan/Interessenausgleich

Bei einer Betriebsänderung nach § 111 S. 3 BetrVG kann ein Interessenausgleich oder Sozialplan für die aufgrund der Betriebsänderung entlassenen Arbeitnehmer Abfindungszahlungen vorsehen. Weicht der Arbeitgeber ohne zwingenden Grund von einem Interessenausgleich ab, indem er z.B. die doppelte Anzahl von Arbeitnehmern entlässt, als im Interessenausgleich festgelegt wurde, ist er den entlassenen Arbeitnehmern gegenüber ebenfalls zur Zahlung von Abfindungen verpflichtet.

§ 1a KSchG

Für einen Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG ist Voraussetzung, dass

  1. der Arbeitgeber die Kündigung auf betriebliche Gründe stützt,
  2. der Arbeitgeber das auch in der Kündigung so darlegt,
  3. der Arbeitgeber gleichzeitig dem Arbeitnehmer eine Abfindung nach § 1a KSchG in Aussicht stellt, für den Fall, dass der Arbeitnehmer auf die Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG verzichtet und
  4. der Arbeitnehmer die Klagefrist nach § 4 KSchG verstreichen lässt.

Solche Abfindungen aufgrund von § 1a KSchG (Kündigungsschutzgesetz) kommen aber nur sehr selten vor, weil der Arbeitgeber den in § 1a Abs. 2 KSchG festgelegten Satz von 0,5 Monatsverdiensten pro Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses in der Regel als zu hoch empfinden wird.

gerichtlicher Vergleich

Selbst die Erhebung einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht begründet keinen automatischen Anspruch auf eine Abfindung.

Gewöhnlich verläuft es vor den Arbeitsgerichten jedoch so, dass sich die Parteien im Laufe des Verfahrens auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Zahlung einer Abfindung einigen. Ein solcher Vergleich ist oft die beste Lösung, um einen langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden, der unter Umständen durch mehrere Instanzen geht und auch für Arbeitnehmer psychisch sehr belastend sein kann.

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Auflösungsurteil

Nach der gesetzlichen Konzeption kann sich der Arbeitgeber also nicht einseitig von seiner Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung „freikaufen“ und der Arbeitnehmer nicht einseitig anstelle seines Arbeitsplatzes eine Abfindung verlangen.

Stellt das Gericht im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses die Unwirksamkeit der Kündigung fest, ist die Vertrauensgrundlage für eine sinnvolle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses jedoch nicht mehr gegeben, kann das Gericht das Arbeitsverhältnis aber auf Antrag des Arbeitnehmers gegen Abfindungszahlung nach § 9 KSchG auflösen. Die festzusetzende Höhe entschädigt den Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes. Zugleich wird mit der Zahlung die ungerechtfertigte Kündigung sanktioniert.
Die Festsetzung der Höhe obliegt dabei dem Gericht und kann je nach Ortsüblichkeit niedriger oder höher ausfallen. Gemäß § 10 KSchG wird sie 12 Monatsgehälter nicht übersteigen.

Aufhebungsvertrag

Am häufigsten wird ein Anspruch auf Abfindung durch einen Aufhebungsvertrag begründet. Sie „versüßt“ den Jobverlust und für viele entfällt mit einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses die oft als Makel empfundene Kündigung. Zum Unterschreiben eines solchen Aufhebungsvertrages sollte man sich aber nie vom Arbeitgeber drängen lassen! Ist der Arbeitgeber nicht gewillt, den Aufhebungsvertrag vom Arbeitnehmer anwaltlich überprüfen zu lassen, kann in den meisten Fällen davon ausgegangen werden, dass der Vertrag für den Arbeitnehmer nachteilig ist. Dann muss der Arbeitnehmer sehr genau darauf achten, dass ihm dieser Vertrag nicht als freiwillige Aufgabe des Arbeitsverhältnisses ausgelegt wird. Ansonsten droht eine bis zu zwölfwöchige Sperre für den Bezug des Arbeitslosengeldes.

Erfolgsaussichten bei Verhandlungen über die Abfindung

Wie bei allen Verhandlungen kommt es auch bei Verhandlungen über die Höhe einer Abfindung darauf an, wer die besseren Argumente hat. Punkte, die die Höhe der Zahlung positiv beeinflussen, sind z.B.:

  • die Unwirksamkeit der Kündigung (z.B. ungerechtfertigte Sozialauswahl)
  • ein möglichst hoher Bestandsschutz (z.B. lange Betriebszugehörigkeit, hohes Alter)
  • ein Sonderkündigungsschutz (z.B. Betriebsratsmitglied, Schwangerschaft)
  • der Wunsch des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis möglichst schnell zu beenden

Wenn das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, kommt es bei einer betriebsbedingten Kündigung vor allem darauf an, ob die Auswahl des Gekündigten sozial gerechtfertigt war. Ist das der Fall, stehen die Aussichten auf eine hohe Abfindung eher schlecht. Wenn hingegen die Auswahl nicht sozial gerechtfertigt war oder mehrere der oben genannten Punkte auf den Arbeitnehmer zutreffen, kann sie auch weitaus höher sein als der in § 1a Abs. 2 KSchG vorgeschlagene halbe Monatsverdienst pro Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber versucht sich in solchen Fällen oftmals durch eine hohe Zahlung von dem Arbeitsverhältnis „freizukaufen“ und lästige Rechtsstreitigkeiten zu verhindern.

Was bleibt von dem Abfindungsbetrag übrig?

Eine Abfindung ist kein Arbeitsentgelt, weil sie nicht dem beendeten Arbeitsverhältnis, sondern als Entlassungsentschädigung der Beendigung selbst zuzuordnen ist. Von ihr gehen daher keine Sozialabgaben ab, d.h. es werden keine Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung abgezogen. Sie unterliegt allerdings der Besteuerung entsprechend den Regeln über den Lohnsteuerabzug.

Eine Abfindung ist folglich grundsätzlich voll zu versteuern. Konkret bedeutet das, dass die gesamte Zahlung voll einkommenssteuerpflichtig ist und wie das Gehalt dem Lohnsteuerabzug unterliegt…

Lohnt sich eine Abfindung?

Eine Abfindung kann Fluch oder Segen sein. Auf der einen Seite hat der Arbeitnehmer die Chance, sich ohne großen finanziellen Druck neu zu orientieren und vielleicht seine wirkliche berufliche Erfüllung zu finden. Andererseits besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer sich ohne den fehlenden Druck nicht gleich auf die Suche nach einer neuen Stelle macht und nach einer gewissen Zeit keinen tauglichen Arbeitsplatz mehr findet.

Davon abgesehen ist das Einschätzen einer möglichen Höhe, die Verhandlung und Aushandlung ein schwieriges Unterfangen, das umfangreiche Erfahrungen mit der Thematik erfordert. Über den nötigen Erfahrungsschatz verfügen die Fachanwälte von AfA und helfen Ihnen gerne mit ihrem Wissen weiter.

Arbeitssuchend melden

Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben, ist es wichtig, dass sie sich zügig bei der Agentur für Arbeit arbeitslos melden. Damit stellen Sie sicher, dass Sie Leistungen wie Arbeitslosengeld erhalten und keine Leistungskürzungen riskieren.

Die Meldung als Arbeitssuchend kann vor Ort in der Agentur für Arbeit erfolgen oder online über die Seite der Bundesagentur für Arbeit unter der folgenden Adresse:


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