Alles Neu? Die reformierte Wahlordnung zur Betriebsratswahl 2022

Alles Neu? Die reformierte Wahlordnung zur Betriebsratswahl 2022
© Arnaud Jaegers - unsplash.com

Digitalisierung, Vereinfachung und Ressourcenschonung: mit diesen Zielvorstellungen und kurz bevor im kommenden Frühjahr die regulären Betriebsratswahlen anstehen, hat der Bundesrat am 08.10.2021 dem Entwurf für eine überarbeitete Wahlordnung zugestimmt. Betriebsräte müssen sich daher kurzfristig mit Blick auf die Bestellung der Wahlvorstände mit den neuen Regelungen vertraut machen.

Die Anpassung der Wahlordnung war vor allem durch das Inkrafttreten des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes vom 14.06.2021 notwendig geworden. Bereits in diesem Reformgesetz sind Vorschriften neugefasst worden, die bei den Wahlen 2022 erstmals zu beachten sein werden. Das Mindestalter für die Wahlberechtigung wurde von 18 auf 16 herabgesetzt. Die Anfechtung der Betriebsratswahl wegen unrichtiger Wahlliste ist nur noch eingeschränkt möglich. Außerdem wurde das vereinfachte Wahlverfahren, bei dem keine Listen-, sondern eine Personenwahl stattfindet, ausgeweitet und findet nun in Betrieben mit bis zu 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern zwingend Anwendung. Entsprechend wurde auch der Schwellenwert erhöht, innerhalb welchem der Arbeitgeber und der Wahlvorstand gemeinsam die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens vereinbaren können. War die Option bislang auf Betriebe mit 51 bis 100 wahlberechtigten Beschäftigten begrenzt, so besteht die Möglichkeit nun in Betrieben mit 101 bis 200 Wahlberechtigten.

Diese Änderungen im Betriebsverfassungsgesetz werden in der neuen Wahlordnung aufgegriffen. Im Wahlausschreiben muss auf den erwähnten Ausschluss der Anfechtung wegen Unrichtigkeit der Wahlliste nach Versäumung der Einspruchsfrist hingewiesen werden. Die sich in Zeiten von Corona bewährte Möglichkeit virtueller Betriebsratssitzung wird auch auf den Wahlvorstand erstreckt. Dieser kann nach § 1 Abs. 4 WO zu seinen nicht öffentlichen Sitzungen mittels Telefon- oder Videokonferenz zusammentreten.

Die Präsenzsitzung soll aber der Regelfall bleiben. Eine virtuelle Sitzung bedarf eines vorherigen Beschlusses des Wahlvorstands. Die Stimmauszählung und die Erstellung der Wahlniederschrift müssen ohne Ausnahme weiterhin in physischer Anwesenheit der Mitglieder des Wahlvorstands erfolgen.

Änderungen gibt es auch bei der ebenfalls durch die Pandemie an Bedeutung gewonnenen Briefwahl. Mit § 26 Abs. 1 WO wurde Rechtsklarheit bezüglich des Zeitpunkts der Öffnung der Briefwahlunterlagen geschaffen. Sollten diese – nach der derzeitig vagen Formulierung – „unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe“ geöffnet und in die Wahlurne gelegt werden, so ist nun festgeschrieben, dass Briefstimmen erst zu Beginn der Stimmauszählung zu öffnen sind.

Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit und der Kostenersparnis ist die zusätzlich beschlossene Abschaffung der Wahlumschläge zu begrüßen. Dem Wahlgeheimnis ist durch Faltung des Stimmzettels ausreichend Rechnung getragen. Das Auszählen der Stimmen wird dadurch erleichtert.

Die demokratische Legitimation des Betriebsrats misst sich nicht zuletzt an einer hohen Wahlbeteiligung. Wahlberechtigt ist jedoch nur wer auf der Wählerliste eingetragen ist. Bislang kann die Liste nur bis zum Tag vor der Stimmabgabe berichtigt werden. Die neue Wahlordnung sieht eine Korrekturmöglichkeit bis zum Abschluss der Stimmabgabe vor.

Formal anerkannt wird ferner die bereits gängige Praxis, dass der Wahlvorstand bezüglich relevanter Fristen, beispielsweise zum Einspruch gegen die Wählerliste oder zur Einreichung von Vorschlaglisten, festlegen kann, zu welcher Uhrzeit ihm die Erklärung am letzten Tag der Frist zugehen muss. Andernfalls kommt es weiterhin auf den Ablauf des jeweiligen Tages an. Die Regel wird allerdings dadurch verkompliziert, dass die Uhrzeit nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Wahlberechtigten liegen darf.

Die neue Wahlordnung bringt somit Vereinfachungen aber auch neue Herausforderungen mit sich. Mit dem Wahljahr vor der Tür sollte der Fokus von Betriebsräten und Wahlvorständen darauf liegen, Unklarheiten aus dem Weg zu räumen, um eine spätere Wahlanfechtung zu vermeiden. In Zweifelsfällen kann ein Fachanwalt für Arbeitsrecht aufklären. Die Anwälte bei AfA verfügen als Referenten für Betriebsratsschulungen über langjährige Erfahrung bei der Beratung von Arbeitnehmervertretern.